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Geburtshelfer auf der Straße
Sanjasy/Pixabay

Geburtshelfer auf der Straße

Charlotte von Winterfeld
Ein Beitrag von Charlotte von Winterfeld, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
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Lisa Maria Potthoff ist Fernseh - Schauspielerin. Sie spielt in Komödien und Krimis mit. Ein besonderer Krimi war die Geburt ihrer zweiten Tochter vor 5 Jahren.

Geburt im Auto

Es sind noch drei Wochen bis zum errechneten Geburtstermin. Sie bekommt leichte Vorwehen, aber die Frauenärztin beruhigt sie. Gegen 17 Uhr werden die Wehen stärker und stärker. Ihr Mann und sie fahren los. Im Auto dann merkt sie schnell: „Bis ins Krankenhaus schaffe ich es nicht mehr.“ Sie müssen anhalten. Lisa Maria Potthoff schreit und stöhnt. Im Auto, mitten auf der Straße an einer Hecke, kommt das Kind kurz nach 18 Uhr auf die Welt.

Ein ungewöhnliches Geburtshelfer-Team

Geburtshelfer sind: ihr Mann, der seine Frau lobt, die vor Schmerzen schreit, eine Rentnerin, die eigentlich nur ihre Hecke schneiden will, jetzt aber den Rücken einer Gebärenden massiert, eine Joggerin, die ihr schnell frische Handtücher und einen kühlen Waschlappen bringt, und ein Sanitäter aus dem gerade gerufenen Rettungswagen, der aber noch nie eine Geburt begleitet hat.

Alles geht gut. Sogar die Nabelschnur wird noch im Auto durchgeschnitten. Dann erst geht es ins Krankenhaus.

Menschen die hinschauen

Lisa Maria Potthoff sagt: „Ich hatte immer Angst, dass ich mal in einer Situation hilflos bin, und alle glotzen und gehen vorbei. Wenn ich so etwas in der Zeitung lese, werde ich unfassbar wütend.“ Jetzt erlebt sie etwas Anderes: Menschen, die sich ihr widmen und helfen, ohne groß zu fragen. Sie erinnert sich: „Das hat mich unheimlich berührt und macht mich nach wie vor sehr dankbar. Ich hatte im Grunde in meinem Mann, dem Sanitäter, der Rentnerin und der Joggerin das beste Team, das man sich wünschen kann. Wenn alle Menschen so helfen würden, wäre die Welt ein besserer Ort.“

Jeder kennt sie: Helfer in der Not

Spontane Helfer in der Not – ich glaube, von denen haben auch schon viele mein Leben gekreuzt. Auch wenn es vielleicht nicht ganz so dramatische Situationen waren wie bei einer Geburt. Ich erinnere mich zum Beispiel daran, wie ich meine Geldbörse nach dem Tanken auf dem Autodach habe liegen lassen. Beim Losfahren wurde sie natürlich runtergeschleudert. Ich dachte, die Geldbörse ist für immer verloren. Drei Tage später hat ein Mann bei mir an der Tür geklingelt und sie mir zurückgebracht. Ich war zu perplex, um Danke zu sagen. Weg war er. Oder die Frau, die uns im Park beruhigt hat, als meine Tochter schlimm mit dem Roller gestürzt ist und stark geblutet hat. Sie hat mit uns Atemübungen gemacht und die Blutung gestillt. Wir sind dann schnell ins Krankenhaus gefahren, und ich habe die Frau nie wiedergesehen.

Ein Denkmal für die Lebensretter

Diese Lebensretter sind wie Geschenke Gottes, finde ich. Und ich würdige sie viel zu wenig. Vielleicht sollte ich ein Buch über alle meine kleinen und großen Lebensretter schreiben. Damit ich ihnen ein kleines Denkmal setze.

Lisa Maria Potthof vergisst ihre Retter nicht. Sie macht das so: „Jedes Jahr am Geburtstag meines Kindes treffen wir uns um 18 Uhr dort an der Hecke: meine Familie, der Sanitäter, die Rentnerin und die Joggerin, und dann stoßen wir alle gemeinsam an. Das ist wunderschön.“

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