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Don't look back in anger
Bildquelle Pixabay

Don't look back in anger

Anne-Katrin Helms
Ein Beitrag von Anne-Katrin Helms, Evangelische Pfarrerin, Erlösergemeinde Frankfurt-Oberrad

25. Mai 2017 in Manchester: Menschen treffen sich zu einer Schweigeminute. Sie erinnern sich an den schrecklichen Anschlag drei Tage vorher bei dem Popkonzert in der Manchester Arena. Als das Schweigen begann, hielt es eine Frau nicht mehr aus. 22 unschuldige Menschen und der Attentäter des sogenannten IS waren ums Leben gekommen.

Die ganze Stadt war im Schockzustand. Aber Lydia Bernsmeier-Rullow stimmte ein Lied an, weil sie die Stille nicht mehr ertragen konnte. „Don’t look back in anger“ sang sie. Allmählich fingen die anderen an, mitzusingen. Am Ende sangen fast alle. „Schau nicht im Zorn zurück“, heißt das Lied im Deutschen. „Darum geht es doch“, sagte sie gegenüber einer Zeitung später. „Wir sind heute alle vereint, und gemeinsam werden wir vorwärtsgehen.“

Nicht im Zorn zurückschauen! Dabei hatten Angehörige und Freunde der Ermordeten jeden Grund dazu. Und die Einwohner Manchesters auch. Wenn mir jemand absichtlich etwas Böses zufügt, steigt Wut in mir hoch. Dann ziehe ich meine Augenbrauen zusammen, meine Augen werden schmal, der Unterkiefer schiebt sich vor. Alle Energie ist darauf ausgerichtet, mich zu wehren und zurückzuschlagen.

Unrecht macht mich zornig. Dazu stehe ich. Niemand soll den Zorn kleinreden oder verdammen, schon gar nicht bei Menschen, die so Schlimmes erlebt haben. Es braucht Zeit, diese machtvolle Energie loszuwerden. Der weise Rat der Bibel dazu: Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen!“ (Eph 4,26). Im Normalfall soll mich Zorn nicht länger als einen Tag gefangen halten. Spätestens am Abend will ich ihn gebändigt haben. Bei ganz schlimmen Schmerz dauert das noch viel länger. Aber auch in diesen Fällen erzählen Betroffene: Es ist gut, wenn mich die Wut nicht auf Dauer gefangen hält. Mit Zorn im Herzen kann ich mich nicht öffnen, weder für meine eigene Zukunft noch für die anderer. Außerdem: Zorn provoziert neuen Zorn und kann schnell in Gewalt umschlagen.

Wie werde ich den Zorn los?„Ein gutes Mittel ist Beten. Ich gebe, den Zorn an Gott ab. Viele Beter in der Bibel tun das. Sie legen Gott ihre Wut vor. Sie bitten: Schaffe du Gerechtigkeit! Auch Gott kann zornig werden – das glaube ich. Aber er ist nicht Sklave seines Zorns wie ich manchmal. Gott entscheidet frei, was richtig ist. Wenn ich das bei Gott aufgehoben weiß, dann ist es für mich leichter, nicht im Zorn zurückzuschauen: Don’t look back in anger“.

Seit dem gemeinsamen Singen in Manchester geht dieses Lied um die Welt. In vielen Konzerten wird es gecovert und ganze Stadien singen mit. Beim Freundschaftsspiel England gegen Frankreich liefen die Mannschaften dazu ins Stadion ein. Es ist, als wollten Menschen sich nicht anstecken lassen von anderen, die Hass in ihrem Herzen tragen. „Auch in schwierigen Zeiten will ich nach vorne schauen und mir meine Freude am Leben nicht nehmen lassen. Don’t look back in anger!“ – wenn ich das Lied im Radio höre, singe ich es mit.

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