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Bundestagswahl und Glaube
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Bundestagswahl und Glaube

Beate Hirt
Ein Beitrag von Beate Hirt, Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim hr, Frankfurt
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In einem Monat, am 26. September, ist Bundestagswahl. Der Wahlkampf ist in vollem Gange – und manche wird schon gar keine Lust mehr haben auf Talkshows mit Politikerinnen und Politikern oder all die Wahlplakate an den Straßenrändern. Und kann ich mit meinem Stimmzettel überhaupt etwas bewirken? Soll ich wählen gehen?

Wählen ist meine Pflicht als Bürgerin und Christin

Ich werde auf jeden Fall wählen. Und mir auch manche Sendung anschauen in den nächsten Wochen, etwas mehr Zeitung lesen als sonst und im Internet den Wahlomat-Check machen. Ich finde: Das ist meine Pflicht als Bürgerin. Und auch als Christin.

Was hat die Bundestagswahl in einer kirchlichen Sendung zu suchen?

Es gibt ja nicht wenige, die sagen: Religion ist Privatsache. Und vielleicht findet es mancher schon seltsam, dass ich in einer kirchlichen Sendung über die Bundestagswahl spreche. Es gibt auch in der Kirche selbst Leute, die sagen: Das Kerngeschäft, das Wichtigste sind Beten und Gottesdienst, darauf sollten wir uns konzentrieren.

Meine Glaube wirkt sich auf mein Verhalten aus

Aber für mich ist meine Religion nicht privat. Persönlich, das schon. Aber nicht privat. So ähnlich hat das vor einigen Jahrzehnten einmal der große Theologe Hans Urs von Balthasar gesagt: „Nichts im Glauben ist privat, obschon alles persönlich ist.“ (vgl. Hans Urs von Balthasar, Credo, Freiburg 1989, S. 72) Der Satz geht mir immer mal wieder durch den Kopf zum Thema Religion und Politik. Natürlich: Der Glaube ist etwas ganz und gar Persönliches: Ich ganz persönlich entscheide mich, ob ich an diesen Gott glaube. Ich bete zu diesem Gott, das ist der Grundakt meiner Religion. Aber: Wenn der Glaube wirklich so meine Person betrifft, wenn er mich im Innersten berührt, dann kann er nicht privat bleiben. Er muss hinaus gehen, er muss öffentlich werden und sich darauf auswirken, wie ich mich anderen gegenüber verhalte.

Gerechtigkeit und Frieden sind Schlüsselworte in der Bibel

Nichts im Glauben ist privat, obschon alles persönlich ist. Dieser Gedanke durchzieht schon die Bibel wie ein roter Faden. Natürlich: Auch da ist der Glaube etwas zutiefst Persönliches. Wenn die Menschen in der Bibel sich an ihren Gott wenden, dann passiert auch da etwas sehr Vertrautes. Herr, hör mich an, hilf mir! So ähnlich steht es in den Psalmen. Aber die Bibel macht eben von Anfang klar: Dieser persönliche Glaube hat gesellschaftliche Konsequenzen. In den Psalmen stehen auch Sätze wie diese: „Die Schwachen werden unterdrückt, die Armen seufzen. Darum spricht der Herr: Jetzt stehe ich auf, dem Verachteten bringe ich Heil.“ (Psalm 12,6) Gerechtigkeit und Frieden, das sind in der Bibel Schlüsselworte und –werte. Die Propheten von Amos bis zum Gottessohn Jesus sagen: Du kannst nicht Gott lieben und deinen Bruder und deine Schwester hassen oder auch nur sich selbst überlassen. Der persönliche Glaube: Er kann eigentlich gar nicht anders, als öffentliche und politische Wirkung entfalten.

Durch meine Wahl hat der persönliche Glaube öffentliche und politische Wirkung

Das heißt natürlich nicht, dass der Glaube zwangsläufig zu einer bestimmten Politik führt. Es gibt viele Wege zu einer friedlicheren Welt, über die man auch trefflich streiten kann. Aber es gibt eben Wegmarken für diejenigen, die an Gott glauben.

Ich werde mich also informieren, vieles prüfen - und dann in einem Monat wählen gehen.

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