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Josef Mayr-Nusser und der verweigerte Eid
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Josef Mayr-Nusser und der verweigerte Eid

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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„Wenn nie jemand den Mut aufbringt, ihnen zu sagen, dass er mit ihren nationalsozialistischen Anschauungen nicht einverstanden ist, dann wird es nicht anders!“ Das steht auf einer Tafel in der Nähe des Bozener Bahnhofs, erst auf deutsch, dann auf italienisch. Die mutigen Worte stammen von Josef Mayr-Nusser.  

Ein Leben, das es in sich hatte!

Mir wäre dieses Schild gar nicht aufgefallen, wenn ich nicht tags zuvor in einer Kirche die Lebensgeschichte dieses mutigen Mannes kennen gelernt hätte: Ein Leben, das es in sich hatte! Geboren wurde Josef Mayr-Nusser 1910 auf einem Hof etwas außerhalb von Bozen. Der Vater starb im ersten Weltkrieg, als Josef gerade mal fünf Jahre alt war. Das Geld der Familie reichte nicht für den Besuch des Gymnasiums und so besuchte Josef die Handelsschule und arbeitete später als kaufmännischer Angestellter. Von Kindheit an spielte der Glaube an Gott in der Familie eine große Rolle. So wundert es nicht, dass das ganzes Leben von Josef Mayr- Nusser, seine sozialen und politischen Überzeugungen genauso wie sein Handeln, von diesem Glauben geprägt waren. (Er beschäftigte sich mit theologischen Fragen, vielleicht hätte er unter anderen Umständen Theologie studiert.) Früh schon engagierte er sich sozial, übernahm Verantwortung, auch in der kirchlich-katholischen Jugendbewegung.  

Familienglück mitten im Krieg

Gegenüber den Diktaturen von Mussolini und Hitler hat er sich immer wieder kritisch und warnend geäußert, auch öffentlich in kirchlichen Zeitungen. Als die Nationalsozialisten den Menschen in Südtirol anboten, ins damalige „Deutsche Reich“ umzusiedeln, entschied sich Josef Mayr-Nusser sehr bewusst fürs Da-bleiben.

Immer wieder verzweifelte er an der faschismus-freundlichen Position der Kirche, die ihm doch so viel bedeutete. Er wandte sich sogar an den Bischof.

Seine Frau Hildegard dachte ähnlich wie er. Die beiden heirateten, und 1943 kam ihr Sohn Albert zur Welt, Familienglück mitten im Krieg.  

Er wusste...sein Leben stand auf dem Spiel!

Kurz darauf marschierte die Wehrmacht in Südtirol ein. Josef Mayr-Nusser wurde eingezogen und zur militärischen Ausbildung nach Konitz im heutigen Polen geschickt. Dort war ihm klar: Wenn er seinen Überzeugungen treu bleibe wollte, dann konnte er den geforderten Eid auf Hitler nicht leisten! Er sprach darüber auch mit seinen Soldatenkameraden. In Briefen beriet er sich mit seiner Frau und versicherte sich ihrer Unterstützung. Was für eine Entscheidung, er wusste, dass sein Leben auf dem Spiel stand!  Als er dann tatsächlich aus religiösen Gründen am 4. Oktober 1944 den Eid verweigerte, wurde er zum Tod verurteilt. Im Konzentrationslager Dachau sollte er erschossen werden. Auf dem Weg dorthin starb er am 24. Februar 1945 in einem Viehwaggon, unweit des Bahnhofs von Erlangen, ermattet von den Strapazen der Haft. Sein Leichnam wurde erst in Erlangen beerdigt, später nach Südtirol überführt. Heute liegen seine sterblichen Überreste im Bozener Dom, denn 2017 wurde Josef Mayr-Nusser dort selig gesprochen.  

"Dankbar in einer Demokratie zu leben"

Wenn ich solche Lebensläufe lese oder erzählt bekomme, frage ich mich immer: Wie weit hätte mein Mut gereicht in so einer Extremsituation? Und ich merke schnell: Das ist keine rein theoretische Frage! Auch hier und heute werden ja rechtsextreme Positionen und auch Gewalt stärker. Ich bin dankbar dafür, in einer Demokratie zu leben und morgen frei entscheiden zu können, wen ich wähle und wen nicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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