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Gotthard-Tunnel
Bildquelle: Eduardo Santos Gonzaga/Pixabay

Gotthard-Tunnel

Kurt Grützner
Ein Beitrag von Kurt Grützner, Evangelischer Pfarrer i. R., Kassel
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Gefühlt waren es die längsten 17 Kilometer, die ich je mit dem Auto gefahren bin. Es war meine erste Fahrt durch den Gotthard Tunnel. Natürlich langer Stau vor der Einfahrt. Die Freude, endlich im Tunnel zu sein wich Kilometer für Kilometer einer merkwürdigen Beklemmung, um nicht zu sagen Angst.
Natürlich gibt es Notfall-Buchten. Notausgänge auch. Über das Radio eine Durchsage der Polizei. Beruhigend: Es ist noch jemand da und passt auf. Trotzdem. Mein Blick fällt auf das Thermometer im Auto. 26 Grad. Draußen waren es weniger. Ich erzähle das meiner Frau. Sie sitzt neben mir. Unsere Tochter schläft Gott sei Dank auf der Rückbank.
Kilometer 8. Im Tunnel sind dreißig Grad. Wir gestehen uns gegenseitig unsere Beklemmung. Eigentlich hielten wir uns immer für recht aufgeklärte Menschen. Die Idee der Hölle machte sich aber doch breit in unserer Seele. Über uns ein fast Dreitausender. Ich spüre, wie meine Hände schweißig das Lenkrad festkrallen.

Noch 3 Kilometer. Unendliche Sehnsucht nach Tageslicht am Ausgang des Tunnels. Wenn wir hier raus sind, werden wir erst einmal auf einen Parkplatz fahren, das Gesicht in die Sonne halten, die Lungen mit frischer Luft betanken. Und Gott danken!
Der erste Parkplatz nach dem Tunnel ist übervoll. Schwer, einen Platz zu finden. Viele stehen neben ihren Autos und atmen tief durch. „Beten ohne Worte.“
Mir fallen diese Worte ein: „und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück. Denn du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich“ (Ps.23,4). Die hatte ich schon im Konfirmandenunterricht gelernt. Da wusste ich noch nichts von den finstern Täler, durch die mich mein späteres Leben noch führen würde. Und die Psalmworte haben mich darin getröstet und haben mir Halt gegeben. Ich bin durchgekommen. So wie durch den Gotthard-Tunnel.

Das gibt mir Hoffnung für den letzten langen Tunnel des Lebens. Ich bin dankbar, den Glauben geschenkt bekommen zu haben, der weiß: auch da wird Licht am Ende des Tunnels sein.

 

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