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Worte sammeln
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Worte sammeln

Ute Klewitz
Ein Beitrag von Ute Klewitz, Pastoralreferentin, Mentorin für Lehramtsstudierende mit dem Fach Katholische Theologie an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz
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„Frederik“, so heißt ein Bilderbuch von Leo Leonni. Frederik, das ist eine Feldmaus. Sie hilft ihrer Familie im Herbst nicht dabei, Vorräte für den nahenden Winter zu sammeln. Als die anderen Frederik fragen: „Warum hilfst du nicht mit?“ Da sagt Frederik: „Ich sammle etwas anderes für die kalte Winterzeit. Ich sammle Sonnenstrahlen, Farben und Wörter.“ Als der Winter kommt, da leben die Feldmäuse von ihren gesammelten Vorräten. Weil der Winter lang ist, gibt es bald kaum noch Vorräte. Die anderen fragen Frederick deshalb nach seinen Vorräten. Und Frederick teilt seine Vorräte mit der Familie: Er erzählt von den wärmenden Sonnenstrahlen, den bunten Farben und spricht schöne Worte. So ist der Winter auf einmal nicht mehr so trist und kalt, sondern warm und geborgen.

Diese besondere Sammelleidenschaft von Frederik kenne ich auch. Ich genieße es, Worte zu sammeln. Gerade auf Reisen in andere Länder oder auch bei Ausflügen in die Natur. Wenn ich unterwegs bin, habe ich oft ein kleines Heftchen in meiner Tasche und fange an, darin Worte zu sammeln: schön klingende Worte oder Worte, die für meine Ohren seltsam ausgesprochen werden. Im Moment gefällt mir das Wort „bredvid“. Das ist schwedisch und heißt übersetzt „neben“. Für mich hat dieses Wort „bredvid“ einfach einen wunderschönen Klang, was Weiches, fast Geborgenes. Bei Besuchen in Schweden habe ich es oft bei Gesprächen mit Freunden am Kaffeetisch gehört. Wir haben gemeinsame Wanderungen oder Angelausflüge geplant. Meine schwedischen Freunde haben mir versichert, dass sie in der wilden Natur „bredvid“, neben mir, das heißt ganz in meiner Nähe bleiben würden. Mir tut das gut, wenn jemand in meiner Nähe ist und ich so sicher und umsorgt neue Angelpätze entdecken kann.

Diesen Gedanken, dass jemand neben mir bleibt und so meine Wege sichert, kenne ich auch aus Gebeten. In einem irischen Segenswunsch heißt es: „Der Herr sei neben dir, um dich in die Arme zu schließen und dich zu schützen.“ Auch solche Worte tun einfach gut. Ich fühl mich warm und geborgen mit ihnen. Und ich sammle sie in mir, wie Frederik, die Feldmaus.

 

 

 

 

 

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