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Vertrauen trägt
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Vertrauen trägt

Dr. Ulf Häbel
Ein Beitrag von Dr. Ulf Häbel, Evangelischer Pfarrer, Laubach-Freienseen

"Wer Angst hat, geht unter; doch Vertrauen trägt." Auf diesen kurzen und verständlichen Satz hat eine Frau eine lange und intensive Diskussion zusammengefasst. In einer Gesprächsgruppe, mit der ich mich regelmäßig treffe haben wir über Lebensfragen diskutiert; ging es um das Thema „Was mir Angst macht und was mir Zuversicht gibt“.

Über Ängste, die in uns Menschen stecken, konnten alle in der Runde mit vielen Beispielen reden. Befürchtungen, was im Leben so alles geschehen kann, waren schnell erzählt. Man müsse doch nur die Zeitung aufschlagen, hat jemand gesagt. Da kann man’s doch lesen: Angst vor Krieg und Terror, vor Unfällen und Katastrophen, vor schleichenden Krankheiten oder persönlichen Schicksalen.

Es fiel uns nicht schwer, dieses Grundgefühl der Angst, das jeder Mensch kennt, zu beschreiben. Doch was machen wir mit unserer Angst? „Die Angst lähmt mich“, hat einer gesagt. Und dazu hat er das oft zitierten Bild vom Kaninchen benannt, das aus Angst vor der Schlange gelähmt ist und regungslos dasitzt bis es gefressen wird.
Wenn das angstgelähmte Kaninchen den Mut hätte, sich zu bewegen und trotz Angst hakenschlagend davon zu rennen, dann hätte es vielleicht eine Chance.

Angst kann lähmen, das stimmt. Vertrauen gibt uns den Mut, sich mit seiner Angst zu bewegen. Das stimmt auch. Man darf sich nicht nur auf die Ängste und die Angstmacher fixieren lassen. Einer in unserer Gesprächsgruppe hat die Spannung zwischen Angst und Vertrauen veranschaulicht. Er war am Sonntag in einem Gottesdienst. Da hatte der Pfarrer in seiner Predigt eine Geschichte aus der Bibel erzählt.

Jesus hatte vor vielen Menschen geredet. Als es Abend wird, schickt er sie heim und zu seinen Jüngern sagt er: „Fahrt mit dem Boot schon über den See; ich komme später nach.“ Die fahren los und geraten in einen Sturm. Sie sind voller Angst, unterzugehen. Da kommt Jesus über das Wasser gelaufen auf sie zu. Sie erkennen ihn nicht und sie schreien: „Ein Gespenst!“ Ja, Angst lässt einen überall Gespenster sehen. Da redet Jesus mit ihnen. Die vertraute Stimme löst die Angst.

Einer seiner Jünger, Petrus, findet Vertrauen und Mut. Wenn er auf dem bedrohenden Wasser gehen kann, dann mach ich das auch. Und er geht über das Wasser, so erzählt es diese Geschichte. Solange Petrus auf Jesus blickte ging das gut; sobald er seinen Blick auf die bedrohlichen Wellen lenkte, packte ihn die Angst und er fing an zu versinken.

Wenn man nur auf das blickt, was einem Angst macht, geht man unter. Man muss in der Angst aufblicken, das heißt eine Vision haben , ein Bild vom gelingenden Leben erinnern. Man kann auch auf einen Menschen zugehen, den man kennt und dem man zutraut, dass er vertrauensvoll redet. Solange ich um meine eigene Angst kreise, wird sie mich lähmen; wenn ich aufstehe, mich bewege, auf jemanden zugehe und mit ihm rede, wird das Vertrauen gestärkt, das mich trägt.

Die Poetin Hilde Domin hat diese Erfahrung in einem Gedicht formuliert:

Ich setzte den Fuß in die Luft
und sie trug.

 

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