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To learn by heart - innere Vorräte anlegen

To learn by heart - innere Vorräte anlegen

Verena Maria Kitz
Ein Beitrag von Verena Maria Kitz, Katholische Pastoralreferentin in St. Michael, Zentrum für Trauerseelsorge, Frankfurt
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In der Grundschule haben wir Gedichte auswendig gelernt – die kann ich heute noch, von Ringelnatz zum Beispiel: „Ein Federchen flog über Land, ein Nilpferd schlummerte im Sand. Die Feder sprach, ich will es wecken, sie liebte andere zu necken…!“ Ich kann es wirklich noch. Genauso wie den Text von diesem alten Kirchenlied: „Tantum ergo, sacramentum“. Den habe ich als achtjähriges Kommunionkind auswendig lernen müssen, natürlich ohne ein Wort Latein zu verstehen. Ich hab ganz schön geschwitzt, bis ich es konnte. Aber die Worte sitzen bis heute.

Warum ich das erzähle? So viele Leute haben sich Vorräte angelegt, Konserven und Toilettenpapier, in Zeiten von Corona. Da könnte es doch auch sinnvoll sein, innere Vorräte anzulegen: einen Vorrat an guten Worten, zum Beispiel Gedichte, Liedtexte oder auch Gebete, die ich auswendig kann. Auf Englisch heißt das „by heart“, aus dem Herzen, also eigentlich inwendig statt auswendig: Worte, die mir Halt geben können, weil sie in mir sind, auch wenn ich kein Buch und kein Internet zur Verfügung habe.

Das ist mir so gegangen, als ich vor einiger Zeit zu einer Computertomographie musste. Da in dieser Röhre zu liegen, das hat mir ganz schön Angst gemacht. Mir hat geholfen, einfach die Augen zuzumachen. Und ein paar von den Gebeten zu sprechen, die ich auswendig kann.

In meinem Studium, da hatte ich einen Professor, der konnte sogar das ganze Neue Testament auswendig und hat das auch uns Studierenden empfohlen! Ich habe immerhin einige von den Psalmen, diesen alten Gebeten der Bibel, auswendig gelernt Und habe sie im Herzen, wie den Psalm 121: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt von Gott, der Himmel und Erde gemacht hat.“ Jetzt in der Corona-Krise will ich mir noch ein paar andere Psalmen einprägen. Dann sind sie da als innerer Vorrat. Denn Worte, die ich auswendig gelernt habe, die habe ich in mir – by heart. Worte, an die ich mich halten kann. Und die mir Halt geben können.

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