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Schlaflos
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Schlaflos

Andrea Seeger
Ein Beitrag von Andrea Seeger, Evangelische Theologin
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Die Kollegin kommt missgelaunt ins Büro. Das passt so gar nicht zu ihr. Auf den fragenden Blick gibt sie gleich die Erklärung: Sie ist heute Morgen um halb drei Uhr aufgewacht und konnte lange nicht wieder einschlafen. Das ist ihr erst gelungen, kurz bevor der Wecker schrillte. Nun ist sie müde, ihr fehlt jeglicher Elan. Schon erzählen die anderen Kollegen von ihren Schlafproblemen. Viele kennen das: hellwach sein und im Bett liegen, während die Zeiger des Weckers die verbleibende Schlafzeit kurz und klein schneidet.  Ich will endlich schlafen! Aber wie? Schäfchen zählen? Vom Lottogewinn träumen? Den letzten Urlaub ins Gedächtnis rufen? Hilft alles nichts.

Schlaflosigkeit gilt in Deutschland als Volkskrankheit – die vielen Ratgeber zum Thema zeugen davon. Ist ja auch kein Wunder! Viele sind überarbeitet, überbelichtet  und überreizt. Schön und gut! Und wie weiter? 
Der Historiker Roger Ekirch hilft. Er schreibt, dass die Menschen bis zum 18. Jahrhundert ein völlig anderes Schlafmuster hatten als den Acht-Stunden-Schlaf. Sie schliefen durch die Jahrhunderte hindurch in Phasen, zwei mal vier Stunden. Dazwischen waren sie ein bis zwei Stunden wach, standen auf, beteten, versorgten das Vieh oder hatten Sex. Und fanden das ganz normal.

Auch in den Religionen gibt es diesen unterbrochenen Rhythmus. Die Gläubigen  stehen mitten in der Nacht auf, machen spirituelle Übungen, beten. Das ist in vielen Klöstern heute noch so. Wenn man das mal so betrachtet, wirken die Ordensregeln nicht mehr so streng. Sie folgen anscheinend einem natürlichen Verlauf.

Es muss sich also nicht um eine Krankheit handeln. Es ist völlig normal, nachts wach zu liegen. Mich beruhigt das. Ich schaue dann nicht alle paar Minuten auf die Uhrzeit und bin genervt. Sondern stehe auf und beschäftige mich mit etwas Schönem. Bis ich müde bin und selig weiterschlafe.        

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