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Bist Du reif?
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Bist Du reif?

Norbert Mecke
Ein Beitrag von Norbert Mecke, Dekan, Evangelischer Kirchenkreis Melsungen
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Bislang habe ich mich gerne für eine reife Persönlichkeit gehalten. Dann habe ich ein Zitat gelesen und will am liebsten gar nicht mehr reif sein.

Von Albert Schweitzer stammt folgendes Zitat: „Was wir gewöhnlich als Reife an einem Menschen zu sehen bekommen, ist eine resignierte Vernünftigkeit.“

Reife hieße dann also, dass man aus Vernunftgründen lieber aufsteckt als etwas wagt. Ja, das erlebe ich bei vielen jenseits der 30, spätestens ab 40: Früher hatte man Überzeugungen, mit denen man die Welt verändern wollte. Sie schleifen sich ab. Man glaubte an das Gute. Jetzt nur noch ab und an. Man konnte sich jugendlich voll und ganz begeistern. Jetzt eher gefiltert. Und von der Macht der Liebe, Güte und Friedfertigkeit schreibt Albert Schweitzer. Früher hat man ihr vertraut. Und dann kam die Reife, die resignierte Vernünftigkeit.

Als reifer Erwachsener weiß ich immer schon, was nicht geht. Das hört sich dann so an: „Ist ´ne gute Idee, müsste man umsetzen. Aber dafür fehlt das Geld.“ - „Das haben wir immer schon so gemacht, daran wird sich nichts ändern!“ - „Die Welt ist, wie sie ist!“ - „Das Leben ist kein Ponyhof“. Und wir sind hier auch nicht bei „Wünsch´ Dir was!“, sondern bei „So isses!“

Ja. Wer so redet, zeigt, dass er erfahren ist. Reif und vernünftig! Man beugt mit solchen Sätzen zwar Enttäuschungen vor, aber sie klingen auch ziemlich resigniert.

Ich will anders reif sein! Mehr wie knackiges oder süßes Obst. Etwas Frisches soll von mir ausgehen. Ich liebe das Leben und traue seinen Möglichkeiten. Neue Begegnungen, pfiffige Ideen: Dafür lohnen sich Einsatz und Risiko. Selbst, wenn ich mir dabei mal die Finger brenne: Lieber ein feuriges Leben als nur auf Sparflamme fahren! Ich glaube, dass Gott uns keinen zaghaften Geist gibt, sondern den der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. (2. Tim, 1, 7).

Klar: Resignierte Vernünftigkeit kenne ich auch. Sie mir als „Reife“ einreden? Nein, diesen Sieg gönne ich ihr nicht!

Im Gegenteil: Ich bin überzeugt: Im Leben geht immer noch was!

Gott lässt´s reifen!

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