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Verhakt
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Verhakt

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Vor dem Besucherzentrum des Denali Nationalparks in Alaska steht eine beeindruckende Statue. Die Menschen kommen in den hohen Norden, um am Denali, dem höchsten Berg der USA und die atemberaubende Natur zu erleben. Auch diese Staue ist reine Natur. Es sind zwei riesige Geweihe von Elchbullen, die sich in einem Kampf unauflöslich ineinander verhakt haben. Als die Ranger sie gefunden haben, waren beide Elche verendet.

Klar, die Natur hat das für Elchbullen so vorgesehen: sie wachsen heran, bilden jedes Jahr ein größeres Geweih aus, folgen ihren Instinkten und kämpfen miteinander um das Recht sich fortzupflanzen. So erhalten sie die Art. Meist geht das glimpflich aus und auch der Unterlegene überlebt. Dieses eine Mal brachte der Streit um die Vormacht beiden den Tod. Ich weiß nicht, was die Ranger bewogen hat, die beiden ineinander verhakten Geweihe vor dem Besucherzentrum auszustellen, mich haben sie daran erinnert, dass so etwas auch in menschlichen Konflikten passieren kann: Auch Streit unter Menschen kann im schlimmsten Fall für beide Parteien im Abgrund enden. „Gemeinsam in den Abgrund“, so nennt der Psychologe Friedrich Glasl die letzte Steigerung menschlicher Konflikte.

Zuerst glauben beide Seiten noch an eine gute Lösung. Dann nehmen die Schuldzuweisungen zu, niemand möchte verantwortlich sein. Gegen Ende ist es den Streitenden dann wichtiger, dem anderen Schaden zu zufügen, als selbst einen Nutzen zu haben. Dann sind beide rettungslos ineinander verhakt, und Menschen können enden wie die beiden Elchbullen im Denali Nationalpark: gemeinsam im Abgrund.

Zum Glück hat Gott uns Menschen aber nicht nur mit Instinkten ausgestattet. Wir haben auch Herz und Verstand, die uns helfen können, alltägliche Konflikte bewusst zu bearbeiten, bevor Wut und Hass unser Leben ersticken. Besonders wenn ich spüre, dass mich ein Konflikt viel zu viel Kraft kostet und mir meine Freiheit raubt, ist es an der Zeit, Herz und Verstand einzusetzen.

Vielleicht kann ich uns Hilfe bei einem professionellen Berater holen. Oder ich kann innehalten und dem Anderen vergeben, wo ich mich verletzt fühle. Einen wichtigen Hinweis, wie aus normalem Streit kein unauflöslicher Konflikt werden kann, finde ich im Neuen Testament: „Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen“. (Eph 4,26) Heute geht die Sonne um halb acht unter. Noch 12 ½ Stunden Zeit, einen ersten Schritt zu tun.

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