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Titanic – Mehr als eine Hollywoodschnulze
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Titanic – Mehr als eine Hollywoodschnulze

Michael Tönges-Braungart
Ein Beitrag von Michael Tönges-Braungart, Pfarrer

Heute vor zwanzig Jahren sahnte die Titanic ab. Der Film gewann elf Oscars. Allein in Deutschland haben fast 20 Millionen Menschen den Film gesehen. Nur das Dschungelbuch hat mehr Menschen erreicht. Viele erkennen die Filmmusik schon nach den ersten Takten: „My heart will go on …“. Menschen in aller Welt hat die tragische Liebesgeschichte des Films zu Tränen gerührt.
Die Titanic war und ist ein Mythos. Unzählige Geschichten sind mit dem Untergang dieses damals größten Luxusdampfers der Welt verbunden. Viele Romane sind darüber geschrieben worden. Einer davon erzählt die fiktive Geschichte der Musiker der Bordkapelle: „Choral am Ende der Reise“ von Eric Fosnes Hansen.
Dabei sind die Historiker gar nicht sicher, ob die Musiker tatsächlich einen Choral gespielt haben, als die Titanic unterging. Wahrscheinlich erscheint ein Choral am ehesten angemessen, wenn man dem Tod ins Auge schaut.
Mit diesem Schiff ist eine ganze Epoche im Eismeer versunken. Die Titanic war und bleibt ein Mythos. Und das macht wohl die Faszination aus, die ihr Schicksal bis heute ausübt.
Die Titanic galt als unsinkbar – und ist gleich auf ihrer ersten Fahrt untergegangen. Der ungebrochene Glaube an die Technik, an den Fortschritt, an die Beherrschbarkeit der Naturgewalten kam damit an ein Ende. Eine Mischung aus Machbarkeitswahn, wirtschaftlichen Interessen, menschlichem Versagen und schicksalhaften Verstrickungen haben zu dieser Katastrophe geführt.
Für viele ist der Film „Titanic“ einfach nur großes Hollywood-Kino. Für manche ist er aber auch ein Gleichnis für das Schicksal unserer Zivilisation. Dafür, wie wir in unserer Welt leben, wie technik-gläubig wir heute sind und wie sorglos wir mit der Natur umgehen, so als könnte uns nichts passieren. So wie die Passagiere damals auf der Titanic. Volldampf voraus auf volles Risiko; Hauptsache, die Kapelle spielt.
Choral am Ende der Reise? Ist es das, worauf wir zufahren? Ist es das, was am Ende einmal bleibt?
Vielleicht spricht der Mythos „Titanic“ doch noch mehr in Menschen an als eine morbide Lust am Untergang oder an einer tragischen Romanze. Mich regt er zum Nachdenken an. Darüber, wo es denn hingehen soll mit uns und unserer Welt; wo es hinführt, wenn wir immer einfach so weiter machen.
Und wenn ich darüber nachdenke, führt mich das dazu, nach der Verantwortung zu fragen. Nach der Verantwortung von Politik und Wirtschaft, aber auch nach meiner eigenen. Mir wird klar, wie zerbrechlich alles Leben ist – und wie kostbar. Und für mich ist das ein neuer Anstoß, bewusster zu leben; bewusster einzukaufen; bewusster zu konsumieren.
Für diesen Gedanken-Anstoß hat der Film Titanic für mich mehr als elf Oscars verdient.

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