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"Ich suche nicht, ich finde!" (Pablo Picasso)
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"Ich suche nicht, ich finde!" (Pablo Picasso)

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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Seit langem begleitet mich ein Bild von Pablo Picasso. „Kunsthalle München 1993“ steht unten drauf. Damals war ich in der Ausstellung und habe mir das Plakat gekauft. Auch nach meinem letzten Umzug hat es wieder einen guten Platz in der Küche bekommen. Es ist kein Bild, das Picasso gemalt hätte, sondern ein Schwarzweiß-Foto von ihm. Er sitzt da im geringelten Hemd an einem Küchentisch, die Arme sind nur halb zu sehen, und vor ihm auf dem Tisch liegen zwei Brötchen, deren Form stark an Hände erinnert, dicke Hände mit unförmigen Fingern. Schon beim ersten flüchtigen Blick fällt einem auf: Irgendetwas stimmt auf dem Foto nicht. Und bei allen, die es daraufhin näher betrachten, stellt sich unwillkürlich ein Lächeln oder Grinsen ein.

Was für eine Idee! Ein Portrait mit Brötchenhänden. Ob Picasso selbst sich das ausgedacht hat oder der Fotograf? Da muss man jedenfalls erst einmal drauf kommen.

Und ich muss an einen Spruch denken, der Pablo Picasso zugeschrieben wird:

Ich suche nicht, ich finde!  - Das ist wunderbar.

Zielgerichtetes Suchen, das kenne ich gut: die richtigen Worte oder die verlegte Brille, den Kassenbon zur Abrechnung oder die Straße, in der ich einen Termin habe. Oft gehört zum Suchen Zeitdruck und Unruhe. Und ja, meistens finden sich glücklicherweise die Dinge, nach denen ich suche.

Es passiert aber auch, dass ich finde, was ich gar nicht gesucht habe. Und das sind ganz besondere Situationen, sozusagen unerwartete Geschenke. Dafür ist Zeit nötig und eine gewisse innere Offenheit. Ich nenne das gerne „Sich-Treiben-Lassen“, ein wunderbar freies, neugieriges Gefühl.

Ein paar solcher Finde-Momente fallen mir ein: etwa der Ausflug mit einer italienischen Freundin in ein kleines Örtchen in der Toskana. Auf dem Weg zum Kaffee in einer Bar sind wir an einer offenen Tür vorbeigekommen, die den Blick freigab auf eine Werkstatt, besser: auf eine Art Atelier. Dort saß eine ältere Dame an einem sehr großen Webstuhl. Sie muss unseren neugierigen Blick gespürt haben, denn sie hat uns hereingebeten und uns ihre aktuelle Arbeit erklärt. Aber nicht nur das: Sie hat uns auch erzählt von ihrem früheren Berufsleben als einzige Wandteppich-Restaurateurin im Vatikan. Und von den Schätzen, die sie da schon vor dem Verfall gerettet hatte. Um sie herum in der Werkstatt standen Schränke mit Garn in allen nur erdenklichen Farbschattierungen, ich konnte mich kaum satt sehen. Erfüllt und reich beschenkt sind wir weiter gezogen.

Ähnliches ist mir schon bei Begegnungen auf der Zugfahrt passiert: nichts gesucht, aber jemanden Interessantes kennengelernt, und ein bisschen banaler: meinen Lieblingsrock habe ich auch zufällig entdeckt, auf dem Flohmarkt, sozusagen im Vorbeischlendern.

Ich kann mir gut vorstellen, dass das „Finden ohne zu suchen“ eine der großen Inspirationsquellen für die Künstlerinnen und Künstler wie zum Beispiel Picasso ist – und eigentlich für uns andere auch.

In dem Sinne: frohes Finden!

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