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Es lebe das Dorf!
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Es lebe das Dorf!

Dr. Ulf Häbel
Ein Beitrag von Dr. Ulf Häbel, Evangelischer Pfarrer, Laubach-Freienseen
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„Wohnst du immer noch in diesem Kaff?“ Diese Frage hat mir ein Klassenkamerad von früher gestellt, als wir uns nach vielen Jahren wiedersehen. Ich wohne seit dreißig Jahren in einem 800-Einwohner-Dorf am Rand des Vogelsberg. Vieles stimmt, was man übers Leben auf dem Land lesen kann. Bei uns sterben mehr Menschen als Kinder geboren werden. Junge Leute ziehen weg, weil sie woanders Arbeit gefunden haben. Wir haben in meinem Dorf keine U- oder S-Bahnstation. Der Bahnhof wurde 1962 geschlossen, kurz darauf die Schule, dann der Bürgermeister. Also: sterbendes Dorf, nur ein Kaff.

Aber das stimmt nicht ganz. In meinem Dorf gibt es Menschen, die gerne hier leben, die sich hier zu Hause fühlen. Es gibt ein Dutzend Vereine, in denen sich Leute begegnen – zum Singen oder Theaterspielen, um Sport zu treiben oder Feste zu feiern. Wir haben vor zwanzig Jahren eine Schule neu gegründet und wieder einen Dorfladen eingerichtet.
In einem alten Bauernhof ist eine Tagespflege entstanden. Da gehen alte Menschen aus unserem Dorf und anderen Orten rundherum hin. Sie sind zusammen statt alleine daheim. Sie essen und trinken zusammen, werden begleitet und betreut, erleben Gemeinschaft. Gerade im Alter ist es nötig, Kontakte zu anderen Menschen zu bewahren oder neu zu knüpfen. So kann Alterseinsamkeit überwunden und Freude am Leben wiedergefunden werden.

„Ja, ich wohne immer noch in diesem Kaff“, antworte ich meinem Schulfreund von früher. Ich wohne nicht nur da, ich lebe in diesem Dorf und liebe es. Das tue ich auch nach einem Ratschlag aus der Bibel: Sucht das Beste für den Ort, in dem ihr lebt; dann wird es euch gut gehen. (Jeremia 29,7)

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