Die wunderbare Postkarte
Jetzt am Ende der Urlaubszeit trudeln Postkarten bei mir ein. Ich betrachte sie ausführlich. Erst einmal schaue ich mir das Motiv an. Dann natürlich die Rückseite. Die Briefmarke. Versuche den Stempel zu entziffern und rechne die Zeitdauer des Weges bis zu mir aus. Dann lese ich in aller Ruhe die handschriftlichen Worte. Begutachte die Schrift. Ich klebe sie an einen Schrank, wo ich sie leicht anschauen kann.
Ich liebe Postkarten. Ist ein wenig dünner geworden, die Sache mit dem Schreiben. Einige zeigen mir lieber Fotos auf dem Handy. Oder schicken mal eins, zwei. Flott.
So eine Postkarte hat was hinter sich. Manchmal schon ein bisschen zerknickt. Eselsohren. Hat die jemand am Strand im Sand geschrieben? Oder der Schweiß einer Wanderung tropfte auf die Pappe. Oder lag jemand entspannt im Liegestuhl und hielt die Karte beim Schreiben etwas bemüht in die Luft.
Postkarten können ein kleines Zeichen von Wertschätzung sein. Da hat sich jemand Mühe gegeben: Die Postkarte muss her, die passende Briefmarke drauf und dann einen Kasten finden. Es ist gut, wenn Menschen sich miteinander und füreinander Mühe geben.
Die Postkarte muss natürlich nicht nur Wunderbares enthalten. Vielleicht auch Enttäuschungen. Wenn Erwartungen zu hoch waren. Aneinander. Es kann nicht immer alles besser sein, schöner, gewaltiger, noch besser als im letzten Jahr. Erfahrungen von Leid auch im Urlaub. Irgendwo drauf getreten. Gestürzt bei einer neuen Sportart. Es ist gut, wenn jemand mit mir seine Erfahrungen teilt. Nicht nur die Erfolgsgeschichten.
Ich mag die wenigen Sätze, die auf eine Postkarte passen. Ich nehme sie noch einmal vom Schrank, wiege sie hin und her. Jemand hat sich mit mir mitgeteilt. Launisch. Nachdenklich. Betrübt. Fröhlich. Erfahrungen sind kostbar. Grad, wenn sie jemand mit mir teilt.
