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Ein Beruf bei der Kirche – kein Job wie jeder andere.
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Ein Beruf bei der Kirche – kein Job wie jeder andere.

Stephanie Rieth
Ein Beitrag von Stephanie Rieth, Bevollmächtigte des Generalvikars und Dezernentin im Bistum Mainz

An diesem Wochenende gibt es schon zum zweiten Mal eine besondere Aktion in der katholischen Kirche: Immer zwei machen sich auf den Weg. Es sind dreißig junge Leute, die sich auf einen Beruf in der Kirche vorbereiten. Sie gehen in Hessen und Rheinland-Pfalz in katholische Gemeinden und erzählen dort von sich, was sie studieren und warum sie das tun, was sie tun.

Sie wollen mal Gemeindereferent oder Pastoralreferentin werden oder Priester. Es sind nur noch wenige, die sich auf diesen Weg machen, deshalb ist der Zusammenhalt besonders wichtig. Sie wollen einmal in den Gemeinden arbeiten oder an anderen Stellen in der Kirche. Und wenn sie zu zweit losziehen, zeigen sie: Wir haben ein gemeinsames Ziel. Außerdem macht es Spaß, in der Kirche zu arbeiten. Es ist kein Job wie jeder andere, da muss man schon ganz dahinter stehen, aber wenn das passt, ist es erfüllend und kann dem Leben eine Richtung geben – Orientierung. Viele von ihnen finden in einem kirchlichen Beruf eine Antwort auf die Fragen: Wonach richte ich mein Leben aus? Was ist mir im Leben wichtig? Was ist meine Bestimmung? Also aus der Perspektive einer Christin formuliert: Was ist Gottes Idee für mein Leben? Wozu ruft er mich?

Heute ist in der katholischen Kirche der so genannte „Weltgebetstag für geistliche Berufe“. In den Gemeinden wird heute darum gebetet, dass junge Leute sich für einen Beruf in der Kirche entscheiden.

Da passt es, dass die, die das vorhaben, in die Gemeinden gehen und von sich erzählen. Sie beschreiben, wie Gott in ihrem Leben eine Rolle spielt und wie sie mitten in unserer Welt mit all ihren Geräuschen, mit all dem Lärm seine Stimme wahrnehmen, wie sie zur Überzeugung gekommen sind: Ich will anderen von diesem Gott erzählen. Sie haben erlebt, dass Gott eine Idee für ihr Leben hat und das wollen sie gerne weitergeben.

In den Gemeinden kommt das gut an. Das wirkt jedenfalls besser, überzeugender als wenn nur Papst oder Bischöfe dazu aufrufen.

Diese Aktion erinnert daran, wie das auch damals gewesen sein muss, vor 2000 Jahren. Die Bibel erzählt: Auch die Jünger Jesu gehen zu zweit los. Es heißt da: „… Jesus sandte sie zu zweit voraus in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen wollte.“(Lukas 10,1) Er schickt kein Schreiben mit dem, was ihm wichtig ist. Um Jesus kennen zu lernen und das, wofür er steht, braucht es Menschen: Menschen, die von seiner Botschaft erzählen und davon, was sie an ihm faszinierend finden. Die Jünger sollen zu zweit und nicht alleine losziehen, und sie wissen auch: es sind noch viele andere unterwegs, wir sind eine Gemeinschaft, wir gehören zu Jesus.

Und dem geht es dabei nicht zuerst um sich selbst. Die Jünger sind keine Groupies, die vor Jesus hergehen und ihm den roten Teppich ausrollen. Sie sollen auch keine zahlenden Mitglieder für eine Organisation gewinnen. Jesus geht es um die Botschaft Gottes und die Orientierung fürs Leben, die darin steckt. Und dafür steht er ganz persönlich ein.

Ihm geht es um Antworten auf die Fragen meines Lebens: Was ist mir wichtig? Welches Ziel hat mein Leben?

Was ist mir wichtig im Leben? Was ist meine Bestimmung? Solche Fragen haben sich mir immer in besonderen Momenten im Leben gestellt.

Einschulung, Erstkommunion und Abitur waren solche Ereignisse, aber auch der Studienabschluss, die Hochzeit und dann die Geburt meiner Kinder. In diesen Momenten habe ich mich gefragt: Was will ich in meinem Leben?

Mir sind Jesu Botschaft und mein Glaube wichtig – das versuche ich auch an andere weiterzugeben – im Beruf aber auch in der Familie an meine Kinder und mein Patenkind. Sie hatte letzte Woche ihre Erstkommunion und sie hat uns eingeladen, mit ihr und ihrer Familie zu feiern. Sie hat sich unglaublich auf diesen Tag gefreut. Gemeinsam mit ihren Eltern hat sie sich über ein halbes Jahr auf diesen Tag vorbereitet. Engagierte Katechetinnen haben mit dem Pfarrer und dem Mitarbeiter in der Gemeinde einen schönen Gottesdienst gestaltet. Es waren 55 Kinder – knapp dreißig davon in diesem ersten Gottesdienst mit ihren Familien und Freunden in der Kirche, eine der großen Kirchen mitten in Frankfurt. Alle Gäste waren herausgeputzt, festlich, feierlich – so wie man das macht, an so einem Festtag. Die Kirche war recht voll, ich habe mittendrin gesessen, und ich habe mich gefühlt wie im Frankfurter Hauptbahnhof.

Nicht eine Minute war es wirklich still, und es waren nicht die Kleinkinder, die hier und da gequäkt haben. Ich habe gemerkt, wie unterschiedlich dieses Fest erlebt wird: Während ich gerne den Gottesdienst mitgefeiert hätte, waren für andere der Austausch über den letzten Urlaub oder Backrezepte wichtiger. Und für viele war es offensichtlich ein fremder Event, bei dem sie nicht so richtig wussten, wie sie sich verhalten sollen. Immer wieder wurden trotz freundlicher Hinweise die Handys gezückt, um Bilder zu machen.

Die große Unruhe hat mich ehrlich gesagt geärgert und ich habe den Versuch aufgegeben, innerlich zur Ruhe zu kommen. Stattdessen habe ich die Leute um mich herum beobachtet. Und ich habe nicht mehr nur die Unruhe gesehen, sondern auch manches hilflose, gelangweilte, fragende und suchende Gesicht.

Was auch immer die Eltern und ihre Kinder bewegt – vielleicht ist es so, dass das Fest der Erstkommunion für manche eben immer noch einfach dazu gehört.

Ich hoffe darauf, dass sie sich neben den Geschenken, dem guten Essen und dem festlichen Tag auch an die Zeit der Vorbereitung erinnern. An eine Zeit, in der sie mit anderen Kindern gemeinsam über die Fragen des Lebens nachgedacht haben. Vielleicht haben sie erfahren: Das Leben hat einen Sinn. Da gibt es jemanden, der mich trägt.

Das Leben hat einen Sinn. Da gibt es jemanden, der mich trägt. Ich durfte das in den Aufs und Abs meines Lebens erfahren. Ich habe in der Kirche immer jemanden gefunden, der mir geholfen hat, bei wichtigen Fragen eine Antwort zu finden.

Nach meinem Abitur habe ich das ganz stark erlebt. Ich wusste gar nicht, wo ich im Leben hinwollte. Ich hatte einen Ausbildungsplatz bei einer Bank, einen Studienplatz in Medizin und hab außerdem für die Aufnahmeprüfung für ein Musikstudium geübt. Dass es letztlich das Theologiestudium wurde, das hing mit den Menschen zusammen, die mir da begegnet sind. Menschen, die mir vermittelt haben: In der Kirche zu arbeiten, ist erfüllend und macht Spaß.

Für mich hat das gestimmt, und es stimmt bis heute. Nach Studium und Ausbildung bin ich vom damaligen Bischof Lehmann als Pastoralreferentin gesendet worden. „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.“ Dieses Zitat aus der Bibel hat er uns mit auf den Weg gegeben. Rede und Antwort stehen und von der Hoffnung erzählen, die mich erfüllt, das tue ich bis heute – nicht nur hier im Radio und manchmal auch ohne große Worte.

Wonach richte ich mein Leben aus? Was ist mir wichtig? Worin liegt meine Bestimmung? Diese Fragen kommen immer wieder, und man kann sie sich nicht ein für alle Mal beantworten. Ich suche nach Antworten, in meinem Glauben und mit den Menschen, die mir wichtig sind. Und manchmal gelingt es, mit dem, was einen selbst erfüllt, andere in ihren Lebensfragen zu begleiten.

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