Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Wer bin ich?

Wer bin ich?

Dr. Barbara Brüning
Ein Beitrag von Dr. Barbara Brüning, Katholische Journalistin, Autorin und Systemische Familienberaterin, Frankfurt
Beitrag anhören:

Wenn ich etwas nicht leiden kann, dann sind es Vorstellungsrunden. Ich erinnere mich sogar mal an eine Weiterbildung, bei der ich absichtlich zu spät gekommen bin, um mich davor zu drücken. Es war eine Veranstaltung mit sehr vielen Männern aus dem Computer-Bereich. Und ich war sicher, es würde so laufen wie beim letzten Mal: Alle erzählen von ihren Erfolgen und Fähigkeiten, und ich würde mich als Neuling in diesem Gebiet einfach nur mies fühlen. Deswegen war ich froh, als ich tatsächlich erst ankam, als die Vorstellungsrunde schon zu Ende war. In der Pause konnte ich dann selbst bestimmen, über welchen Aspekt meiner Arbeit oder meines Lebens ich erzählen wollte.

Natürlich ist es manchmal sinnvoll zu erfahren, wer wie lange schon wo gearbeitet hat. Aber ich habe schnell das Gefühl, in einer Schublade zu landen. Als ob alles andere unwichtig wäre – was ich sonst so mache, dass ich keine Horrorfilme gucke und nicht kochen kann zum Beispiel.

Ich habe mir angewöhnt, mich nur mit meinen Namen vorzustellen – wann immer das passt. Ich bin Barbara. Fertig. Und wenn mich jemand fragt: „Und, was machst du so?“ Dann antworte ich bewusst nicht mit dem, was mein Gegenüber meist im Sinn hat: mit Beruf? Verheiratet? Kinder? und solchen Eckdaten. Ich sage etwa: „Ich gehe so oft ich kann ins Kino“ oder „Ich lese total gerne in Cafés.“ Auch das ist ja nur ein Teil von mir. Aber einer, bei dem ich nicht so sehr das Gefühl habe, in eine Schublade gesteckt zu werden.

Ich denke, wenn ich meinen Namen nenne, gern an das Wort des Propheten Jesaja (Jesaja  49,16) Da heißt es, „Sieh her,  ich habe dich eingezeichnet in meine Hände.“ Er hatte also etwas vor mit mir. Ich bin also für etwas gemeint. Manchmal ahne ich, was das sein könnte. Manchmal habe ich keinen blassen Schimmer. Ich bin Barbara – ich kann nicht genau sagen, wer ich bin. Aber für eine Vorstellungsrunde ist das wohl ein bisschen zu tiefsinnig.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren