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Von der Lust, sich auf den Weg zu machen, sich zu verirren und der Freude, gefunden zu werden
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Von der Lust, sich auf den Weg zu machen, sich zu verirren und der Freude, gefunden zu werden

Ute Zöllner
Ein Beitrag von Ute Zöllner, Evangelische Pfarrerin i.R., Pastoralpsychologin, Kassel
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Es ging immer noch bergan. Seit dem frühen Morgen war ich unterwegs. Blauer Himmel, kein Wölkchen. Um mich herum nichts anderes als Steine und Geröll. Die Sonne brannte. Das wenige Wasser aus meiner Trinkflasche hatte ich lange getrunken. Wegweiser fand ich nicht. Verloren fühlte ich mich, so allein zwischen den Bergen, damals auf Kreta, als es noch keine Handys und GPS gab. Zunächst hatte mich das nicht weiter durcheinander gebracht. Mein Ziel war mir klar. Ich wollte zu diesem kleinen Kloster. Heute sollte es dort ein Fest geben, und ich wollte dabei sein. Nichts leichter als das. Einfach den Berg hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter an den Strand. So hatte ich mir das gedacht und mich schwer geirrt.

Der Weg war viel weiter als vermutet und Wegmarkierungen gab es auch nicht. Nun, der Wirt hatte mich am Abend zuvor verwundert angeschaut als ich ihm von meinem Plan erzählte. Der Weg ist anstrengend, sagte er, es wird sehr heiß sein. Überlegen sie sich das ganz genau.

Aber ich habe mich einfach über seine Warnung hinweggesetzt. Was sollte mir schon passieren. Nun hatte ich mich gründlich verlaufen. Am Nachmittag wusste ich nicht mehr, wo ich war. Das Fest fand ohne mich statt, das war mir lange klar. Außerdem wurde es immer später. Die blanke Angst stieg in mir hoch.

Schließlich nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und kletterte den Berg hinunter. Hier oben würde mich keiner finden. Ich musste absteigen. Inzwischen war es Abend geworden. Da entdeckte ich den Weg. Das gab mir Auftrieb. Alles tat mir weh. Wie ein dummes Schaf habe ich mich gefühlt. Leichtsinnig losgelaufen und verloren gegangen. Dabei wollte ich doch nur etwas Schönes erleben.

Dann, o Wunder, geschah, womit ich nicht mehr gerechnet hatte: Hinter der Kurve kam mir ein Auto entgegen. Der Wagen hielt an. Ich brauchte nichts zu erklären. Kleinlaut bin ich auf die Ladefläche gestiegen. Dort saßen schon einige Frauen und Kinder. Sie lachten und waren fröhlich. Der Wagen kam vom Fest. Eine Frau stupste mich an. Hier, trink erst mal.

Wie gut das getan hat! Dieses Auto hat dir der Himmel geschickt, habe ich für mich gedacht und lachte dankbar zurück. Ich war verloren und wurde wieder gefunden. Ein anderes Fest als das, was ich gesucht hatte.

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