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Über den Gehorsam
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Über den Gehorsam

Ein Beitrag von Janine Knoop-Bauer, Evangelische Pfarrerin, Darmstadt

„Nimm die Schuhe vom Sitz!“ „Schmatz nicht so!“ „Schalt jetzt den Fernseher aus!“ Wenn ich so mit meinen Kindern rede, dann will ich nicht diskutieren. Ich will, dass sie mir gehorchen!

Natürlich klappt das nicht immer. Auch in kleinen Menschen wohnt schon ein großer Widerspruchsgeist. Sie wollen dann von mir wissen, wieso ich etwas Bestimmtes von ihnen will. Und warum es mir wichtig ist, dass sie das tun. Und wenn ich einmal in Ruhe darüber nachdenke, dann finde ich es eigentlich richtig gut, dass sie nachfragen. Natürlich ist das oft anstrengend, aber blinder Gehorsam ist mir suspekt. Egal, von wem er verlangt wird und egal, wer ihn fordert.

Von Petrus, einem der engsten Vertrauten Jesus, ist der Satz überliefert: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Auch das höre ich mit gemischten Gefühlen. Für Petrus war ganz klar: Gott fordert Gehorsam und wir Menschen sollen gehorchen. Er beruft sich auf Gott als höchster Instanz, weil er sich gegen Menschen verteidigen muss. Nach Jesus Tod soll er aufhören über Jesus zu predigen. Das kann und will er nicht. Für ihn ist Jesus der Gesandte Gottes. Daran hält er fest, gegen alle Widerstände. „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Daraus schöpft er Kraft und Mut.

Das kann ich verstehen. Und trotzdem stört mich etwas an dem Satz. Denn diese Worte werden bis heute häufig missbraucht. Oft geht es dabei um Hass und Ausgrenzung. Auch Selbstmordattentäter rechtfertigen ihre Taten damit, dass sie Gott mehr gehorchen als den Menschen. Und so finde ich diesen Satz gefährlich. Und in Bezug auf Gott unerträglich.

Doch, was heißt es Gott zu gehorchen? Auch die Menschen, die mit Jesus unterwegs waren fragten sich: Was will Gott, dass wir tun? Jesus antwortet darauf mit dem Doppelgebot der Liebe: „Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen und Deinen Nächsten wie Dich selbst.“ Und Jesus geht sogar noch weiter. Er sagt: „Liebet, die euch feindlich gegenüberstehen, und tut Gutes denen, die euch hassen. Heißt die willkommen, die euch fluchen, und betet für die, die euch schlecht behandeln.“

Gott zu gehorchen bedeutet für Jesus, den Menschen liebend zu begegnen. Selbst dann, wenn ich nicht mit Gegenliebe rechnen kann. Gehorsam gegenüber Gott macht nicht blind. Vielmehr fordert Gott dazu auf, die Augen zu öffnen und die anderen Menschen zu sehen. Wahrzunehmen, wo ich gebraucht werde und wer mich braucht. So gelesen taugt der Satz nicht dazu andere auszugrenzen. Und er taugt schon gar nicht dazu Taten zu rechtfertigen, die anderen schaden. Es ist nicht möglich im Namen dieses Gottes gewalttätig zu sein. Denn dieser Gott fordert Liebe.

„Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ So kann ich den Satz gut hören. Die Worte ermutigen mich dazu mich aufzulehnen gegen die Logik der Kriegstreiber. Sie bestärken mich darin den Menschen vertrauensvoll und freundlich zu begegnen und mich nicht vom Misstrauen anstecken zu lassen. Vielleicht halten andere mich deswegen für naiv. Aber: Gott ist die Liebe und in Gottes Namen sollen wir einander lieben. Erst Recht unsere Kinder, vor allem, wenn sie nicht blind gehorchen wollen.

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