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Narren
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Narren

Anke Zimmermann
Ein Beitrag von Anke Zimmermann, Evangelische Pfarrerin, Homberg/Efze
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Ein Wissenschaftler und ein Pfarrer gehen spazieren und diskutieren dabei angeregt. Der Wissenschaftler fragt: „Wenn Gott euch als Gläubige so reich belohnt, wie du glaubst – warum merkt man davon so wenig? Müssten die Christen nicht viel glücklicher und reicher oder gesünder sein als alle anderen?“

Die beiden erreichen ein kleines Dorf. Der Wissenschaftler hält inne.
„Hast du den gesehen?“ Er winkt den Pfarrer zu einer kleinen, schäbigen Hütte, vor der ein armer Teufel an einer Baumrinde schnitzt. „Der hier ist der Dorfdepp. Er ist echt beschränkt. Wenn er die Wahl hat zwischen einem Penny und einem Schilling, nimmt er jedes Mal den Penny.“

„Wirklich?“ fragt der Pfarrer ruhig nach.

„Sieh nur!“ Der Wissenschaftler kramt aus seiner Tasche zwei Münzen heraus. Einen wertvollen Schilling und einen kleinen Kupferpenny. Er hält sie dem schnitzenden Dorfdepp mit großer Geste hin.

Der Kerl springt auf, ergreift mit lautstarker Dankbarkeit den Penny, freut sich über dessen Kupferglanz und läuft hüpfend davon.

„Das funktioniert jedes Mal, ich habe es ausgiebig getestet.“ Stellt der Wissen­schaftler pedantisch fest.

„Nun“, entgegnet der Pfarrer, „ich bin mir nicht ganz sicher, wer hier der Narr ist. Darüber hinaus habe ich den Eindruck, dass dieser Kerl einen guten Christen abgibt.“

„Wieso?“

„Dieser sogenannte Narr sammelt mit seiner Art durch die Kupfermünzen viel mehr ein, als er bekommen würde, nähme er bloß einmal einen Schilling. Er lässt sich nicht vom vorschnellen Glanz blenden.

Uns Christen geht es wie ihm: Wir freuen uns an den täglichen kleinen Gaben. An einem guten Wort, einer hilfreichen Geste, an dem, was gelingt. Darin erkennen wir Gottes Liebe, einen Vorgeschmack auf den Himmel.

Wir sammeln sozusagen Himmelsmünzen. Auch wenn wir manches Mal als Narren abgestempelt werden, weil der Augenschein gegen uns spricht. Glaub mir: So ein Narr zu sein ist eine echter Gewinn!“

 

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