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Das jüdische Faschingsfest Purim
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Das jüdische Faschingsfest Purim

Anne-Katrin Helms
Ein Beitrag von Anne-Katrin Helms, Evangelische Pfarrerin, Erlösergemeinde Frankfurt-Oberrad
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„So schön wie eine Königin wäre ich auch gerne“, sagt mir ein Mädchen in der Schule. „Und ich so mutig wie Superman!“, fügt ein Junge hinzu. An Fastnacht können die Kinder und die Erwachsenen, die sich verkleiden, so sein, wie sie es sich erträumen.

So sein wollen, wie eine mutige Königin

Es gibt auch ein jüdisches Faschingsfest. Das heißt Purim. Es findet dieses Jahr zwei Wochen nach Faschingsdienstag, also am 10. März statt. Fasching und Purim haben gemeinsam: Einmal im Jahr ist alles anders. An Purim wollen alle so sein wie die mutige Königin Esther. Von ihr erzählt die Bibel:

Esther ist Ehefrau des persischen Königs Xerxes geworden, weil sie ebenso schön wie klug ist. Sie ist mit ihrem Onkel Mordechai und vielen anderen Juden ins persische Reich verschleppt worden. Der persische König ist tolerant. Die Jüdinnen und Juden dürfen ihren Glauben in seinem Reich praktizieren. Trotzdem hat Esther ihrem königlichen Ehemann nicht gesagt, dass sie Jüdin ist.

Ein Minister will Macht

Denn nicht alle am persischen Hof sind so tolerant wie der König. Haman, einer seiner Minister, erwirkt einen Befehl des Königs: Alle sollen sich vor ihm, dem Minister Haman verbeugen. Esthers Onkel Mordechai weigert sich. „Ich bin Jude“, sagt er, als man ihn zwingen will. „Ich verbeuge mich vor keinem Menschen. Ich verbeuge mich nur vor Gott.“

Der machtgierige Minister Haman wird zornig. Er will Mordechai bestrafen und mit ihm alle Juden im Land. Er geht zum König und flüstert ihm ein: „Großmächtiger König, die Juden haben ihre eigenen Gesetze. Sie wollen keine richtigen Perser sein. Wenn du alle Juden töten lässt, dann bekommt deine Palastkasse 10 000 Säcke voll Silbertaler.“ Haman hält dem König ein Dekret hin, das diesen Massenmord verfügt. Der König hat gar nicht genau hingehört und unterschreibt, ohne nachzudenken.

Purim heißt "Lose"

Haman hat erreicht, was er wollte. Er zieht ein Los, das den Tag für den Massenmord bestimmt. Darum heißt das jüdische Verkleidungsfest Purim. Purim bedeutet übersetzt „Lose“. Der Jude Mordechai ist verzweifelt und hat nur noch eine Hoffnung: seine Nichte Esther, die Frau des Königs. Er informiert sie über das, was geschehen ist.

Esther traut sich

Esther weiß erst nicht, was sie zur Rettung ihrer Glaubensgeschwister tun kann. Sie denkt: „Ich kann nicht einfach so zum König gehen, wenn er mich nicht ruft. Das gehört sich nicht.“ Aber in ihrer Angst um ihr Volk wird sie mutig. Sie zieht ihr schönstes Kleid an und geht zum König. Der ist so angetan von ihr, dass er verspricht: „Alles kannst du dir von mir wünschen und wäre es ein halbes Königreich.“

Da sagt Esther: „Guter König, lieber Mann, in wenigen Tagen sollen alle Juden in deinem Reich getötet werden. Wenn du nicht hilfst, muss ich ebenfalls sterben, denn auch ich bin Jüdin.“

Ein König handelt aus Liebe

Der König reagiert sofort. Er bestraft Haman. Und er gibt den Juden in seinem Reich einen Schutzbrief mit königlichem Siegel. Ihr Los ist nicht mehr Tod, sondern Rettung und Leben.

Purim – Tag der Lose. Ein Tag, an dem alles anders ist: Aus den Verfolgten werden Geschützte. Aus dem Verfolger wird ein Bestrafter. Aus einer Frau, die bislang ihren Glauben versteckt hat, wird eine glaubensstarke, strahlende Königin, die ihr Volk rettet. Und aus einem bis dahin unbedachten Herrscher wird ein König, der aus Liebe handelt.  

Eine ernste Geschichte hinter dem jüdischen Faschingsfest. Mich beeindruckt: Bei dem Spaß, den es macht, wenn man sich als Königin oder Superman verkleidet, kann man mit den Kostümen auch ausprobieren, wie es ist, wenn aus Angst Mut wird.

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