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Wer im Kleinsten zuverlässig ist

Wer im Kleinsten zuverlässig ist

Dr. Ansgar Wucherpfennig
Ein Beitrag von Dr. Ansgar Wucherpfennig, Jesuitenpater, Professor für Neues Testament an der Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt
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Jetzt fängt die neue Woche wieder an. Auf einiges freue ich mich. Da kommt zum Beispiel eine Fahrt ins Ruhrgebiet, nach Duisburg, zu einem Vortrag. In Duisburg war ich noch nicht; ich bin gespannt auf die Stadt, und vor dem Vortrag bin ich auch ein bisschen aufgeregt. An einem anderen Abend treffe ich mich mit einem befreundeten Kollegen zum Bier. Er ist vor kurzem bei einem Marathon mitgelaufen; mal hören, wie es ihm ergangen ist. Etwas richtig Großes erwartet mich in den nächsten Tagen aber eigentlich nicht. Es wird vermutlich eine ganz normale Woche; mit lauter Kleinigkeiten. Die Herbst- und Winterklamotten müssen endlich in den Schrank. Auf dem Schreibtisch warten Akten darauf, dass sie unterschrieben werden. Und das Fach mit der liegen gebliebenen Post quillt über. Die meisten dieser Dinge scheinen mir heute unbedeutender und langweiliger als die Fahrt nach Duisburg und der Abend mit meinem Kollegen.

Zu diesen kleinen Sachen fiel mir vor ein paar Wochen ein Wort Jesu auf: „Wer im Kleinsten zuverlässig ist, ist es auch im Großen, und wer im Kleinsten ungerecht ist, ist es auch im Großen“, heißt es da (Lukas 16,10). Es passt zu diesem Jesuswort, dass ich es bislang immer überlesen habe. Kleines übersehe ich gern, und dabei ist es gerade das, was mir den Alltag oft leidig macht. Zuhause hatten meine Eltern ein Sprichwort, das klang ähnlich: „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert.“ Dieses Sprichwort lässt mich schon lange auf der Straße stehen bleiben und auch für Pfennigstücke bücken. Oft werfe ich sie dann in einer Kirche in einen Opferkasten, denn mir gehören sie ja nicht. Dabei habe ich früher gehofft, dass ich irgendwann auch mal einen großen Taler finden würde. Ob ich ihn dann auch noch so freiwillig gespendet hätte?

Auch Jesus geht es bei der Zuverlässigkeit im Kleinsten um das Geld, um Frauen und Männer, die Geld zu verwalten hatten, für die Jünger Jesu und für die ersten Gemeinden. Zuverlässigkeit ist da auch bei kleinen Beträgen entscheidend. Aber bei Jesus geht es nicht darum, durch Zuverlässigkeit im Kleinen möglichst viel zu gewinnen. Jesus denkt nicht strategisch, sondern das Kleine hat für ihn einen Wert an sich: Lilien, die auf dem Feld blühen, ein Haar, das jemandem vom Kopf fällt. Vor allem aber: Die scheinbar unwichtige Schwester und der scheinbar kleine Bruder sind Jesus kostbar und wertvoll. Jesus spricht vom Reich Gottes und erhofft sich dort umfassende Gerechtigkeit, aber sie beginnt für ihn mit den kleinen Dingen des Alltags.

Die allermeisten Dinge in meinem Alltag sind Kleinigkeiten, nicht nur in der nächsten Woche. Es ist wichtig, dass ich mir dafür Zeit nehme, denn nicht selten, scheinen mir die Dinge klein, aber andere warten schon lange darauf, etwa auf eine unbezahlte Rechnung, oder auch auf ein Lächeln.

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