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Unter dem Staub
Bild: StockSnap/Pixabay

Unter dem Staub

Claudia Rudolff
Ein Beitrag von Claudia Rudolff, Rundfunkpfarrerin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Kassel
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Jetzt ist es wieder passiert. Ein Bild, das viele Jahre lang vor sich hin staubte, ist plötzlich kostbar (n-tv.de 10.07 2020). Man meinte Jahrhunderte, es sei nur von einem Schüler des Meisters gemalt worden. Jetzt aber hat man vorsichtig und gründlich den ganzen Staub entfernt und genau hingesehen. Und siehe da, es ist vom Meister selber, nämlich von Peter Paul Rubens (1577 – 1640), geboren in Siegen in Westfalen.

Ein Mann hat das Bild vor Jahren für ein paar Tausend Euro gekauft und lässt es nächste Woche versteigern (am 29. Juli). Erwartet werden um die drei Millionen Euro. Ein gutes Geschäft, nur weil man gründlich abgestaubt hat.

Manchmal ist das ja so: Etwas staubt vor sich hin, behält aber unter dem Staub seinen Wert. Auch der Mann, dem ich manchmal begegne. Sein Staub heißt Griesgram. So schaut er auch: missmutig, leblos und grau.

Wenn ich mich zu ihm setze, denke ich: Jetzt musst du ihn wieder ein wenig abstauben. Und siehe da: Wenn ich nach seinen Kindern und Enkeln frage, wenn er vom Angeln erzählt oder wie er den Garten bestellt, verschwindet allmählich der Griesgram. Sein Gesicht wird ein bisschen heller. Es strahlt nicht gleich wie ein Gemälde von Rubens, aber ein wenig leuchtet es schon. Weil er von sich sprechen kann, weil sich jemand für ihn interessiert. Ich mag das, wenn er sich wertvoll fühlt. Es ist, als käme er aus seinem Schatten. Und trete in das Licht, das Gott sich für uns wünscht: wertvolle Menschen zu sein - wie kostbare Gemälde. Geduldig miteinander. Heiter und hell.

 

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