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Trösten und Beistehen – Ratschläge helfen nicht immer weiter
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Trösten und Beistehen – Ratschläge helfen nicht immer weiter

Dr. Anke Spory
Ein Beitrag von Dr. Anke Spory, Evangelische Pfarrerin, Bad Homburg-Gonzenheim

Meine Tochter hat sich heftig mit ihren Freundinnen gestritten. Es ging um irgendeine Kleinigkeit. Der Streit belastet sie, und sie erzählt mir davon. Zum Schluss sagt sie zu mir: „Du hast immer so gute Ideen und wenn du keine mehr hast, dann tröstest du mich.“ Ich habe mich natürlich über das Kompliment gefreut. Aber noch mehr habe ich gestaunt. Ich war überrascht darüber, dass dieses kleine Mädchen so genau unterscheiden kann zwischen guten Ideen und Trösten.
Es gibt einen großen Unterschied, wie ich auf einen Menschen reagiere, der mir von einer verfahrenen Situation erzählt, davon, was ihn traurig macht. Die eine Möglichkeit ist: Ich gebe ihm Ratschläge. Ich bin oft schnell mit solchen Sätzen wie: „Du müsstest doch einfach-….., könntest du nicht…. ich an deiner Stelle würde……“ Solche Ratschläge können wertvoll sein. Aber sie helfen dem anderen nicht immer. Sie können gut gemeint sein und trotzdem nicht das, was der andere braucht.
Trösten ist etwas anderes. Trösten bedeutet, dem anderen in einer schwierigen Situation beistehen. Einem anderen Menschen zuzuhören, kann ihn beruhigen, damit er selbst wieder seine Gedanken und Gefühle klären kann. Worte können trösten, aber auch Gesten wie zum Bespiel eine Umarmung.
Eine Frau, die seit einem Jahr an Brustkrebs erkrankt ist, erzählt, was sie tröstet. Sie sagt: „Es ist ein großer Trost, dass meine Freunde zu mir stehen und mich durch die Erkrankung begleiten. Es ist immer jemand da, den ich anrufen kann, der mir zuhört oder bei praktischen Dingen hilft.“ Sie beschreibt, was ihr guttut: „Meine Freunde haben zum Beispiel für mich eingekauft, mich zur Chemotherapie gefahren oder bei mir übernachtet, wenn ich Angst hatte, allein zu sein.“ Für diese Frau ist auch noch etwas anderes wichtig. Ihr tut es gut, dass ihre Freunde trotz der Krankheit den Humor nicht verloren haben. Sie will nicht in einen goldenen Käfig abgeschoben werden und nur noch bemitleidet werden. Sie will, dass ihre Freunde weiter mit ihr lachen und von ihrem Alltag erzählen.
Was Menschen tröstet, ist unterschiedlich. Eines setzt das Trösten allerdings immer voraus: zuhören. Wer zuhören kann, kann trösten. Wer zuhören kann, steht dem anderen bei und hält eine schwierige Situation mit aus. Zuhören, mich einfühlen und eingehen auf das, was der andere mir anvertraut.
Der Theologe und Pfarrer Dietrich Bonhoeffer hat das einmal so formuliert: „Der erste Dienst gegenüber dem Nächsten ist es, ihn anzuhören.“

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