Sehnsucht – Ich sehne mich nach guten starken Worten
Als ein Handwerker in der Kirche mit seiner Arbeit fertig ist, sagt er: „Ich möchte nicht ohne Segen gehen.“ Wir stehen uns gegenüber. Er im Blaumann, verschwitzt. Er hat grad sein Auto wieder eingeräumt mit all den Werkzeugen. Fest lege ich ihm beide Hände auf den Kopf. Und spreche ihm ein Bibelwort zu: „Fürchte dich nicht, spricht der Herr, ich bin mit dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich halte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit (Jesaja 41.10).“ Dann zeichne ich mit meinem rechten Daumen ein Kreuz auf seine Stirn. Er hat die Augen geschlossen. Langsam nehme ich meine Hände wieder von seinem Kopf. Er nickt kurz. „Manchmal habe ich Sehnsucht. Nach guten starken Worten“ sagt er. Und er erzählt, dass er immer nur funktionieren muss. Geld ranschaffen. Erfüllen, was der Chef will. Zügig. Jüngere stehen schon hinter Ihnen, kriegt er manchmal zu hören. Die würden seinen Job gerne machen. Und schneller. Und günstiger. Er gibt ja sein Bestes, erzählt er. Vielleicht ist es manchmal nicht gut genug. Er sagt: „Es ist nicht oft, dass einem jemand was Gutes sagt, oder?“ Ich antworte: „Hier in Gottes Haus schon“. Er packt bedächtig seine Werkzeuge weiter zusammen. Ich denke an seine Worte. Ja, ich sehne mich auch. Sehne mich nach guten starken Worten wie dem Segen. Am Ende von jedem Gottesdienst. Ich finde aber auch, dass ich mich nicht selbst segnen kann. Sondern, dass auch mir jemand Segen, etwas Gutes, Mut zusprechen muss. Würde ich so offensiv fragen, wie der Mann im Blaumann? Ich will nicht gehen ohne Segen. Ja, ich habe auch Sehnsucht. Nach Trostworten. Hoffnungsworten. Noch einmal murmele ich leise die Segensworte: „Ich stärke dich. Ich helfe dir auch. Ich halte dich.“ Dieses Mal für mich. Echt ein gutes Gefühl.
