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Abbé Stock, Pionier der deutsch-französischen Freundschaft
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Abbé Stock, Pionier der deutsch-französischen Freundschaft

Clemens Weißenberger
Ein Beitrag von Clemens Weißenberger, Katholischer Pastoralreferent, Frankfurt
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Dass Frankreich und Deutschland einmal Erbfeinde gewesen sind: Das konnte ich mir nie und das kann ich mir heute nicht mehr vorstellen. Seit ich Jugendlicher bin, war ich oft in Frankreich und habe viele französische Freundinnen und Freunde. Dass aus den Feinden Freunde wurden, ist vielen Menschen zu verdanken. Ein besonderer von ihnen wurde heute geboren, er war katholischer Priester: Abbé Franz Stock.

Wehrmachtsgottesdienste und Lazarettseelsorge

1904 kam er in Westfalen zur Welt. Als Zwölfjähriger hat er zum ersten Mal gesagt: Ich will Priester werden! Während seiner Schulzeit engagierte er sich in einem Jugendverband. Über den kam er als Student 1926 zum ersten Mal nach Frankreich, er nahm da an einem internationalen Friedenstreffen teil. Sogar sein Studium hat er in Frankreich fortgesetzt. 1934 wurde er nach der Priesterweihe und der Kaplanszeit Leiter der katholischen deutschen Gemeinde in Paris. Und im März 1941 noch zusätzlich deutscher Standortpfarrer in Paris. Wehrmachtsgottesdiensten und Lazarettseelsorge wurden weitere Aufgaben. Damals schon zeigte sich: Ihm war die Seelsorge an den Menschen wichtig. Er setzte sich für Menschen ein, begleitete sie in Not und Todesnähe. Das gab ihm Ansehen bei Deutschen, und er hatte einen guten Ruf in Kirchenkreisen. 

Rektor eines Priesterseminars hinter Stacheldraht

Aber er war auch für Franzosen da: Er betreute französischer Häftlinge in Gefängnissen der Wehrmacht. Tausend französische Gefangene hat er bis 1945 begleitet, oft bis zum Tod. Manche konnte er vor dem Tod retten, indem er sie warnte und Informationen weitergab, oder er erreichte, dass Todesurteile abgemildert wurden. Bei Todeskandidaten nahm er verbotenerweise zig letzte geschriebene Botschaften oder Andenken von den Widerstandskämpfern an die Angehörigen mit. Die hatten dann wenigstens eine Erinnerung an die Hingerichteten und wussten wie sie starben. Und waren ihm dankbar. Bei Kriegsende ging er freiwillig in Gefangenschaft, als Seelsorger deutscher Soldaten. Dann das Unerwartete: Er wurde Rektor eines Priesterseminars hinter Stacheldraht. Deutsche Theologiestudenten setzten in französischer Kriegsgefangenschaft ihr Studium fort und fast 1000 taten dies bis zur Schließung dieser Hochschule im Juni 1947. Kurz danach starb er überraschend 1948 in Paris.

Jedem Menschen helfen, egal welcher Nationalität

Ich finde es stark, wie Franz Stock mitten in einer Zeit der Erbfeindschaft und des Krieges immer nur den Menschen sehen konnte. So ist er ein wichtiger Wegbereiter der deutsch-französischen Freundschaft und wird in Deutschland und Frankreich als Vorbild für Aussöhnung nach dem Krieg verehrt. Seine Werte inspirieren mich bis heute: Den Menschen als Menschen erkennen und achten. Jedem Menschen, egal welcher Nationalität, helfen, wenn er Hilfe braucht.

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