
Der Meister des großen Herzens
„Der ist aber sehr großherzig“ – so hat meine alte Großtante immer über Menschen gesprochen, die viel für arme Menschen und die Gemeinde getan haben. „Großherzig“ – das ist ein Wort, das ich heute kaum noch höre. Im Lexikon kann ich nachlesen, dass damit etwas Positives gemeint ist: Jemand großherziges ist nicht kleinlich, hat eine Offenheit für Neues und kümmert sich um Schwache. Aber das ist für mich zu theoretisch. Um mir klar zu machen, was es heißt, ein großherziger Mensch zu sein, schaue ich mir lieber ein Beispiel an. Das ist der berühmte Heilige, der heute in der Kirche gefeiert wird: Es ist Josef, der Ziehvater Jesu.
Er kümmert sich und packt einfach an
Allzuviel steht in der Bibel nicht über ihn. Aber das, was zu finden ist, erzählt von seiner Großherzigkeit. Als seine Verlobte Maria ein Kind erwartet, von dem er nicht der Vater ist, steht er zu ihr und dem Neugeborenen. Von Klagen oder Lamentieren ist bei Josef nichts zu lesen. Er tut, was notwendig ist, auch wenn es nicht leicht ist. Später flieht er mit Frau und Kind von Bethlehem nach Ägypten, als das Leben des Kindes in Gefahr ist. Wieder zuhause in Nazareth, kümmert er sich um die Erziehung des kleinen Jesus. Auch da bleiben ihm Enttäuschungen nicht erspart. Einmal läuft der kleine Jesus ihm in Jerusalem davon. Als er ihn im Tempel wiederfindet, spricht er davon, dass er eigentlich an diesen Ort gehöre. Aber von Josef ist kein Wort des Schimpfens oder der Wut zu hören. Er bleibt der fürsorgliche, liebende Kümmerer und Anpacker, der tut, was notwendig ist.
Der Großherzige stellt sich selbst zurück und hilft anderen
Von Josef lerne ich: Großherzig ist die Person, die sich um andere liebevoll kümmert, auch wenn sie womöglich Nachteile dadurch hat. Großherzig ist der, der sich nicht so sehr um die gesellschaftlichen Konventionen kümmert, sondern um die Menschen, die in Not sind.
Nicht lamentieren, nicht klagen, sondern tun, was notwendig ist
Ich glaube, ich kann Josef den „Meister der Großherzigkeit“ nennen. Er ist ein echtes Vorbild – nicht nur für mich. Seit 1870 ist er auch offiziell der Schutzpatron der Katholischen Kirche. Eine durch und durch großherzige Kirche, die liebevoll das tut, was notwendig ist, die nicht lamentiert und klagt, sondern anpackt, auch wenn es nicht leicht ist – das wäre ein Traum für mich!