
Oma und die Gewitter
Bei Gewitter, erzählt Gerda, holte Oma immer die Bibel raus. Und es gab viele Gewitter bei uns. Sie spricht von Masuren, einer Landschaft in Polen. Viele Seen, sanfte Hügel. Da halten sich Gewitter über Stunden, erzählt sie.
Bei Gewitter: Bibel auf den Tisch und Kerze an
Wir Kinder hatten Angst. Oma nicht. Sie holte ihre Bibel raus, machte eine Kerze an und las. Ob sie alles verstanden hat, weiß ich nicht, erzählt sie. Aber Oma war ruhig. Draußen blitzte und donnerte es. Oma saß am Küchentisch, neben sich die Kerze, und las irgendwas. Über Mose am Schilfmeer oder Jesus am See. Sie hatte keinen Plan, die Oma. Sie setzte sich hin, schlug die Bibel irgendwo auf und las. Der Regen klatschte gegen das Haus, Oma las von der Sintflut. Oder vom stürmischen See, auf dem Jesus wandelt. Meist las Oma irgendwas von Wasser, während draußen die Welt weggespült wurde. Wir Kinder zitterten, die Kerze flackerte und Oma blieb ruhig. Als schütze uns die Bibel vor Unglück. Tut sie natürlich nicht. Das wusste die Oma.
Oma schützte uns
Am schlimmsten waren Gewitter im Hochsommer. Passiert ist nie etwas, erzählt Gerda. Oma schützte uns. Weil sie so ruhig war. War sie aber nicht, wie sie mir später erzählt hat. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Damit wir keine Angst hatten, legte Oma die Bibel auf den Tisch. Und die Kerze daneben. Als käme gleich der liebe Gott persönlich zu Besuch. Das beruhigte uns, erzählt Gerda. Es hilft nicht gegen Unglück. Aber gegen Unheil.