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Abiparade
Bild: Tung Lam/Pixabay

Abiparade

Viola Sinsel
Ein Beitrag von Viola Sinsel, Hochschulseelsorgerin und Leiterin der Katholischen Hochschulgemeinde Marburg
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Moderator: Gerade ist Prüfungsphase angesagt: Daumen drücken und Mitfiebern. Haupt-, Realschul- und IHK-Prüfungen stehen in den Startlöchern. Die schriftlichen Abiprüfungen sind geschafft, die mündlichen Prüfungen stehen noch an. Wer am 15. Mai in Hessen unterwegs ist, sieht junge Leute auf den Straßen feiern. Denn es ist wieder so weit: Abiparaden rollen durch die Städte, so heute in Marburg. Jedes Jahr auf’s Neue gibt’s dieselbe Diskussion: „Die feiern doch schon, obwohl sie noch gar nicht alle Prüfungen geschrieben haben!“

Viola Sinsel: Ich finde, die haben völlig recht. Wir können uns da etwas abschauen. Diese Jugendlichen feiern nicht den perfekten Abschluss, sondern den Moment, in dem sie gerade stehen. Sie sagen: Wir haben schon etwas geschafft – und das ist Grund genug, stolz zu sein.

Moderator: Also ein Innehalten auf dem Weg?

Viola Sinsel: Genau. Im Alltag hetzen wir oft von einem Ziel zum nächsten – immer höher, schneller, weiter. Aber manchmal tut es gut, kurz stehenzubleiben und zu sagen: Hier bin ich. Ich habe was hinter mir. Ich bin weiter als gestern. Und das ist eigentlich ein sehr menschlicher und auch spiritueller Gedanke. In der Bibel gibt’s viele Geschichten, wo Menschen nicht erst am Ende danken oder feiern, sondern unterwegs. Weil sie merken: Ich bin nicht allein. Ich habe Kraft bekommen. Ich habe einen Schritt geschafft.

Und mal ehrlich: Wer weiß denn schon, wie der Weg weitergeht? Gerade in dieser verrückten Zeit ist es wichtig, sich über jeden erreichten Abschnitt zu freuen. Und das hat nichts mit Übertreibung zu tun – sondern mit Lebensfreude. Vielleicht sogar mit Dankbarkeit.

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