
Wir brauchen sie für unsere Seele
„Gib dem Menschen einen Hund, und die Seele wird gesund“. Das soll vor hunderten Jahren die Ordensfrau und Universalgelehrte Hildegard von Bingen gereimt haben. Dieser Satz ist mir kürzlich in abgewandelter Form begegnet. Im Schloss Fechenbach bei Dieburg, in einer Ausstellung mit dem Titel „Hund und Mensch – 10.000 Jahre Kulturgeschichte.“[1]
Eine Ausstellung "Hund und Mensch - 10.000 Jahre Kulturgeschichte
Ich wusste erst nicht, ob ich mitgehen sollte, als mich mein Bekannter Thomas einlud. Ich habe nämlich kein besonderes Verhältnis zu Hunden. Thomas aber liebt Hunde. Also gut, warum nicht? Im Museum habe ich so einiges gelernt über die Geschichte dieser besonderen Beziehung. Schon in der Steinzeit haben Hunde den Menschen bei der Jagd geholfen. Eine echte win-win-Situation. Also gut für beide Seiten.
Die Ausstellung zeigt Fotos von Beatrice Weineck von besonderen Hund-Mensch-Momenten
Ein Teil der Ausstellung hat mich besonders angesprochen: die Fotos von Beatrice Weineck. Sie hat Herrchen und Frauchen mit ihren Vierbeinern an einem besonderen Ort fotografiert: in der B-Ebene der Frankfurter Hauptwache. Dort behandeln engagierte Tierärztinnen und Tierärzte Hunde und andere Tiere von Menschen, die sich sonst keine Behandlung leisten können: Arbeitslose, Obdachlose, Menschen mit einer kleinen Rente. Immer an einem Samstag im Monat. Organisiert wird die Aktion vom Verein Soziale Tier-Not-Hilfe Frankfurt.
Das Buch zur Ausstellung heißt "Wir brauchen sie für unsere Seele"
Im Eingangsbereich der Ausstellung finde ich das Begleitbuch. In ihm hat Beatrice Weineck neben den Fotos auch Geschichten zu ihren Besuchen bei den Sprechstunden gesammelt. Das Buch heißt „Wir brauchen sie für unsere Seele“.
Wie Beatrice Weineck auf die Idee kam? In einem Interview hat sie erzählt: „Ich ging in den Ruhestand und wollte etwas Sinnvolles machen. Meine Vision war: Mensch und Tier auf Augenhöhe zu zeigen. Respektvoll.“ Sie erzählt weiter: „Das ganze Projekt hat fast ein Jahr gedauert. Denn viele schämen sich, weil sie arm sind. Aber die Menschen auf den Fotos wollten zeigen, was für eine tiefe Verbundenheit sie mit ihren Hunden haben.“
Hunde wissen oft was Menschen brauchen
Ich blättere das Buch durch und sehe auf einem Foto Sigrid und Delmar Dixon mit ihren beiden Yorkshireterriern Stinky und Sweetheart, beide 13 Jahre alt. Die Hunde wurden von den früheren Besitzern geschlagen und getreten, bis sie das Frankfurter Tierheim an die Dixons weitervermittelte. Die haben nicht viel zum Leben und sind chronisch krank. Und so helfen sich die vier gegenseitig. Delmar Dixon ist Diabetiker. Seine Frau erzählt: „Die Hunde wissen ganz genau: jetzt muss er sein Insulin spritzen, und Sweetheart läuft in die Küche, weil sie ganz genau weiß, er muss essen.“
„Gib dem Menschen einen Hund. Und die Seele wird gesund“. Die Menschen, die Beatrice Weineck fotografiert hat, würden diesen Satz der klugen Hildegard unterschreiben. Die Ausstellung im Schloss Fechenbach hat mir gut gefallen. Thomas sowieso. Das war also für uns beide eine win-win-Situation.
[1] Die Ausstellung geht noch bis zum 9. Juni 2025.