Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Im Kurpark von Bad Nauheim
GettyImages/lechatnoir

Im Kurpark von Bad Nauheim

Sabine Müller-Langsdorf
Ein Beitrag von Sabine Müller-Langsdorf, Evangelische Pfarrerin, Zentrum Oekumene, Frankfurt
Beitrag anhören:

Zu den langweiligsten Sonntags-Ausflügen meiner Kindheit gehörte der Kurpark in Bad Nauheim. Mein Bruder und ich wurden fein angezogen, mussten im Café still sitzen. Das Tretbootfahren auf dem See im Park war dafür nur ein mäßiger Ausgleich.

Als Kind fein angezogen im Kurpark Bad Nauheim: Keine schöne Erinnerung

Letztens war ich nach Jahrzehnten mal wieder im Bad Nauheimer Kurpark. Immer noch gab es den See, den Bootsverleih und viele Bänke zum Verweilen. Auch die Salinen tun nach wie vor ihr stilles Werk. Es gab sogar sonntags-fein angezogene Kinder. Doch mein Blick auf den Park war nicht mehr der des Kindes. Ich war gekommen, um einen Freund zu besuchen, der zur Reha in Bad Nauheim war. Herz-OP aus heiterem Himmel und nun eine Nachbehandlung.

Große Krankheiten sind große Einschnitte im Leben

Langsam schlenderten wir durch den Park, saßen lange auf einer Bank und hatten Zeit wie sonst selten miteinander. Das tat gut. Denn große Krankheiten sind große Einschnitte in ein Leben. Sie kosten Kraft und brauchen Zeit, um dem Leben und den eigenen Kräften wieder zu trauen. Das gilt in erster Linie für die davon Betroffenen, aber auch für die um sie herum. 

Plötzlich ist der Kurpark ein guter Ort geworden

Der Kurpark in Bad Nauheim schien mir plötzlich ein guter Ort, um der Verunsicherung zu begegnen. Die alten Bäume geben eine Ahnung von Zeit und langer Dauer von Lebensprozessen. Das glitzernde Wasser und die Springbrunnen zeigen, wie elementar Bewegung ist. Die vielen Bänke denken Pausen mit, weil die Puste eben manchmal nicht lange reicht oder die Knochen noch weh tun. Das beständige Rauschen der Salinen ist eine gute Hintergrundmusik fürs Nachsinnen um das, was bleibt, was geht, was sich verändert.

Alles hat seine Zeit

„Alles hat seine Zeit und jedes Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde“ heißt es in der Bibel. Weinen und lachen, suchen und behalten, Steine wegwerfen und Steine sammeln…alles hat seine Zeit. Auf der Bank im Kurpark gingen mir diese Worte durch den Kopf. Manch einem Vorhaben macht eine Krankheit einen Strich durch die Rechnung. Ein Urlaub kann nicht angetreten werden, Arbeit bleibt liegen, ein liebes Hobby geht nicht mehr, weil der Körper die Kraft anders braucht.

Der Kurpark als Ort, um sich selbst auf die Spur zu kommen

Die Worte der Bibel sind klar wie die Salzluft der Salinen. Ja, alles hat seine Zeit. Vielleicht will der Kurpark mit seinen wohl durchdachten und bewährten Schönheiten helfen, diese Lebensweisheit anzunehmen. Einen Raum für Muße schaffen, um sich selbst auf die Spur zu kommen. Worauf hoffe ich? Was verändert sich? Was kann ich ablegen? Oder einfach da sitzen, schweigen und der Botschaft zwitschernder Vögel und plätschernder Springbrunnen lauschen.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren