
Trauerkleidung – Finsternis ist wie das Licht
Ich bin seit einer Weile verwitwet. Das sieht man mir von außen nicht an. Denn die Zeiten, in denen Witwen selbstverständlich und für ein ganzes Jahr schwarz trugen, sind vorüber. Das ist gut so, denn Trauer drückt sich vielfältig und nicht unbedingt über eine schwarze Kleidung aus. Manche Menschen wählen ihre Kleidung passend zu ihrer Stimmung. Andere folgen der Mode oder tragen einfach, was der Kleiderschrank hergibt.
Die Farbe der Trauerkleidung variirt von Land zu Land
Über Trauerkleidung mache ich mir dennoch so meine Gedanken. Trauerkleidung und Trauerzeiten signalisieren nach außen: etwas ist gerade anders. Ein Mensch ist in einer besonderen Zeit. Dem wird zur Beerdigung und in der Trauerzeit auch mit der Kleidung Ausdruck verliehen.
In unserem Land ist schwarz die Farbe der Trauer. Anderswo - zum Beispiel in vielen Ländern Asiens, ist weiß die Trauerfarbe. In Mexiko wird in der Lieblingskleidung und mit buntem Zuckerwerk einmal im Jahr ein Fest für die Toten auf dem Friedhof gefeiert.
Was eine bestimmte Farbe für eine bestimmte Gruppe von Menschen bedeutet, hat sich entwickelt aus ihren Bräuchen, aus ihrem Glauben und aus ihrer Lebenswelt. Auch aus den Gefühlen, die die Menschen zu bestimmten Anlässen empfinden. Für mich war die dunkle Kleidung zur Beerdigung passend. Ich fühlte mich auf mich zurückgeworfen und inmitten aller Anteilnahme sehr allein. In der Bibel betet ein Mensch, der sich so allein fühlt, sogar von Gott verlassen fühlt: „Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein.“ (Psalm 139,11).
Trauerkleidung ablegen, wenn die Zeit gekommen ist
Heute wähle ich die dunkle Kleidung nur noch selten. Auch wenn die Trauer an völlig unerwarteten Stellen ab und zu Löcher reißt. Ich brauche die Trauerkleidung als Schutz nicht mehr für mich. Ich habe erlebt, dass auch im Dunkeln Licht ist. Ganz langsam entdecke ich das wieder. Freue mich am Sonnenaufgang und das Zwitschern der Vögel in der Morgendämmerung wärmt mich nach innen. Eine Einladung zum Essen, jemand ruft an und fragt „Wie geht´s?“ Da sind Menschen, die mich wissen lassen: Du bist nicht allein.
Der betende Mensch im Psalm sagt: „Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein-, so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht.“
Die dunklen Zeiten gehören zum Leben. Die dunkle Kleidung auch. Und es ist gut, sie wechseln zu können und zu erfahren, dass in Beidem Gutes für mich liegt.