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Holunderblütensirup und die heilige Geistkraft

Andrea Maschke
Ein Beitrag von Andrea Maschke, Katholische Pastoralreferentin in Bad Homburg / Friedrichsdorf
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Ich warte jedes Jahr darauf, dass die Holunderbüsche beginnen zu blühen. Das ist für mich das Zeichen: Jetzt ist wirklich Frühling! Dieses kräftige Grün und die weißen Dolden mit den feinen zarten Blütchen. Wenn die Sonne scheint, sind sie voller Blütenstaub, und wenn dann noch der Wind geht, dann lässt sich manchmal, etwa beim Vorbeiradeln, eine Nase voll Duft nehmen. Wunderbar.

Den Geist des Frühlings einfangen

Ich liebe diese Blüten aber auch, weil sich daraus leckeres Gelee und schmackhafter Sirup kochen lassen. Jetzt gerade ist es wieder soweit. Die ersten Gläser und Flaschen stehen schon fertig im Regal. Ich habe immer das Gefühl, als ließe sich - gerade beim Sirupkochen - der Frühling, also die ersehnte Sonne, die milde Brise und der Duft, in Flaschen füllen. So als könnte man sozusagen den Geist des Frühlings einfangen und dann im heißen Sommer hervorholen und genießen. Mit Sprudel und Eis oder verfeinert mit Minze und Prosecco als Hugo. Fast wie im Märchen.

Der Heilige Geist ist nicht einzufangen

Und mir fällt der Spruch eines meiner Theologieprofessoren ein: „Täuschen Sie sich nicht, der Heilige Geist ist anders als der Geist im Märchen nicht einzufangen. Er ist nicht verfügbar. Ab in die Flasche und Korken drauf, das funktioniert nicht.“

Was sich lustig anhört, das stimmt. Niemand hat oder „besitzt“ den Geist Gottes ein für alle Mal. Wir sagen ja auch manchmal „Der Geist weht, wo er will“.

"Be-geisterung"

Und ich finde, das ist auch eine interessante Perspektive auf Pfingsten, auf das Fest des Heiligen Geistes, das die Christinnen und Christen ja bald feiern.

Die Freundinnen und Freunde von Jesus spüren damals vor knapp 2000 Jahren diese Kraft, diesen Geist, der stärker ist als all ihre Angst und Bedenken. Und fremde Menschen von überall her verstehen, was ihnen wichtig ist. Wie Feuer und Wind wird der Heilige Geist beschrieben, wie Funken, die überspringen.
„Be-geisterung“ sagen wir, Inspiration und Spirit.

Frühlingshaft muten die Pfingstszenen an, revolutionär. Da bricht etwas auf, etwas Neues. Und manchmal sagen wir: Es ist der schwungvolle Start in das, was später mal so etwas wie Kirche wird.

Die Geistkraft Gottes erkennen

Dieser Schwung lässt sich nicht durchhalten; es gibt Durststrecken und Schwierigkeiten. In der Sprache Jesu ist das Wort für „Geist“, “ruach“, weiblich. Statt „der Heilige Geist“, so wie wir es traditionell gewohnt sind, sage ich gerne: „die heilige Geistkraft“. Mal treibt sie an, mal gibt sie Mut und Standhaftigkeit. Davon erzählen auch die unterschiedlichen Geistesgaben, die mit ihr in Verbindung gebracht werden. Gar nicht so einfach, die Geistkraft Gottes zu erkennen und offen für sie zu sein.!

Im Vergleich dazu ist das Kochen von Holundersirup eine unkomplizierte Übung; Holunderblüten, Zitrone, Zucker und ein bisschen Zeit, mehr braucht es nicht.
Wenn ich bei der kommenden Hitze dann die Sirup-Flasche entkorke, den Sirup verdünne und ein erfrischendes Getränk genieße, dann fällt mir vielleicht auch die heilige Geistkraft ein.

Und schon möglich, dass dann mit dem belebenden Geist des Frühlings auch ein bisschen heilige Geistkraft mit der ihr eigenen Leichtigkeit zu spüren ist.

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