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Die Lektoren und Lektorinnen
Bild: Dr. Arnulf Müller

Die Lektoren und Lektorinnen

Andrea Weitzel
Ein Beitrag von Andrea Weitzel, Katholische Schulseelsorgerin und Religionslehrerin, Hanau
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In vielen Kirchengemeinden gibt es sie, die Lektoren und Lektorinnen, die - zumeist in den Gottesdiensten am Samstag und Sonntag - das Wort Gottes verkünden. Sie sind es, die die vorgesehenen Lesungstexte aus dem Alten und Neuen Testament der Bibel vorlesen.

Immer, wenn ich mal an einem anderen Ort den Gottesdienst besuche, freue ich mich, wenn ich auch dort ehrenamtliche Lektoren und Lektorinnen erlebe. Einer ist mir dabei am besten in Erinnerung geblieben: In einer kleinen Dorfkirche in Italien war es nämlich mal nicht so, dass ein Erwachsener diesen Dienst übernahm. Vielmehr lief ein etwa 11- bis 12-jähriger Junge mit der ganzen Unbeschwertheit seines jungen Alters zum Lesepult, schlug das große Buch sachkundig auf – und las. Und er las genau wie ein Kind seines Alters – manchmal etwas stockend, aber ganz klar und mit lebendiger Betonung. Aus der Selbstverständlichkeit, mit der die Gottesdienstteilnehmer und -teilnehmerinnen seiner Lesung zuhörten, schloss ich damals, dass es eine ganz übliche Sache gewesen ist, dass hier Kinder aus der Bibel vorlesen.

An diesen Jungen denke ich manchmal, wenn ich selbst in meiner Kirchengemeinde zum Dienst als Lektorin vorgesehen bin. Lebendig wie er – und nicht in getragener Kirchensprache – möchte ich das Wort Gottes lesen.

Ein lebendig vorgetragener Text lebt

Ich mache das wirklich gerne – und das liegt auch an der Gruppe unserer Lektoren und Lektorinnen. Tatsächlich sind es Erwachsene, aber jede und jeder hat einen eigenen Lesestil entwickelt. Manche erzählen ganz poetisch und sanft, andere lesen mit Nachdruck, einige suchen Blickkontakt zu den Hörenden, wieder andere sind ganz vertieft in die Texte. Hier und dort wird erstmal die Brille zurechtgerückt und oft das Mikrofon gebogen.

All das soll meiner Meinung nach genauso sein. Bei unserem letzten Treffen, bei dem wir uns freuten, eine Handvoll neue Ehrenamtliche auf ihre ersten Dienste vorzubereiten, kam genau das zur Sprache: Wir lesen die Bibeltexte nicht einfach nur vor, sondern wir verkündigen sie. Meiner Meinung nach geht das nur, wenn wir uns trauen, die eigene Persönlichkeit und das eigene Verständnis der Texte in das Vorlesen hineinzulegen. Das erfordert natürlich, sich vorher mit den Texten auseinanderzusetzen – mit Verstand, aber auch mit Gefühl.

Das Wort Gottes lebt von der persönlichen Note

Je mehr wir das tun, umso näher kommen wir doch an die Anfänge der Texte zurück: Die Glaubensgeschichten und Gotteserfahrungen des Alten und Neuen Testamentes wurden über Jahrhunderte hinweg einander erzählt. Ganz persönlich, im Gegenüber. Nichts durfte verlorengehen oder in Vergessenheit geraten.

Wir jedenfalls ermutigen unsere Lektoren und Lektorinnen, ihren eigenen Zugang zu den biblischen Texten zu suchen und Erfahrungen des eigenen Lebens darin wiederzufinden.

Und nun ja, sich mal mit Kopf und Herz in einen Bibeltext zu stürzen, dafür braucht es weder ein bestimmtes Alter noch ein Ehrenamt. Aber vielleicht genau diesen kleinen Anstupser - heute Morgen.

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