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Empathie und Nächstenliebe
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Empathie und Nächstenliebe

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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„Empathie ist eine Schwäche der Gesellschaft“, das klingt schon etwas schräg. Genau das aber hat der Milliardär Elon Musk jüngst in einem Podcast behauptet. Er hat gesagt: die westliche Zivilisation werde zerstört durch ein Übermaß an Empathie. Der reichste Mann der Welt sagt das nicht einfach so dahin, immerhin hat er einen großen Einfluss auf den amerikanischen Präsidenten und prägt das politische Geschehen. Grund genug, etwas genauer darauf zu schauen, was Empathie meint, und was es damit auf sich hat.

Empathie meint: sich in andere hineinversetzen

Mit dem Wort Empathie beschreiben wir das Einfühlungsvermögen, also die Fähigkeit, Gefühle anderer Menschen zu erkennen, wie Angst, Trauer oder Schmerz. Und sich dann auch daran auszurichten. Das ist gar nicht so selbstverständlich. Manche Menschen können die eigenen Gefühle schwer einordnen und scheitern daran, mit anderen gefühlvoll umzugehen. Wer dagegen ein besonderes Maß an Empathie besitzt, kann sich gut in andere hineinversetzen und ihnen in schweren Situationen helfen.

Eine Grundlage des christlichen Glaubens

In der Theologie spricht man in diesem Zusammenhang von einer helfenden Beziehung. Empathie ist dann ganz nah am christlichen Ideal der Nächstenliebe. Die biblischen Geschichten erzählen, wie Jesus das Leid erspürt, wenn Kranke und Arme Menschen zu ihm kommen und Hilfe suchen. Einfühlungsvermögen ist nicht dasselbe wie Nächstenliebe. Aber es bildet die Grundlage, ohne die der gelebte christliche Glaube nicht vorstellbar ist.

Den Blick richten auf Schwache

Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Mitleid, das sind die Säulen, auf denen der christliche Glaube ruht. In allen diesen Fällen handelt es sich um Gemütsbewegungen – und die setzen voraus, dass man sich in den anderen einfühlen kann. Auch die christliche Kultur fußt auf diesen Säulen und damit die politischen Systeme, die daraus hervorgegangen sind und Minderheiten schützen. Um es deutlich zu sagen: Wer Empathie als Schwäche bezeichnet, will den Blick abwenden von den Alten und den Kranken, von Menschen mit Behinderung, Kindern und allen Entrechteten. Wer so etwas sagt, den lässt das Schicksal anderer Menschen einfach kalt, der will das Gewissen als moralische Instanz abschaffen.

Hoffnung und Kraft für die Zukunft

Wenn Elon Musk die Empathie als grundlegende Schwäche abtut, könnte er auch die Nächstenliebe als Schwachstelle ausgeben. Solchen Aussagen muss man widersprechen. Gerade wenn ein Mensch so denkt, der großen Einfluss hat auf die Gesellschaft. Dieser Satz weist alles zurück, was mir als Christ für das Leben wichtig ist: Das Leid der anderen wahrnehmen und mittragen. Das ist das Klima, das sich durch alle Geschichten des Neuen Testaments zieht. Daraus ziehe ich Hoffnung und Kraft für die Zukunft.

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