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Widerstand und Ergebung
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Widerstand und Ergebung

Andrea Wöllenstein
Ein Beitrag von Andrea Wöllenstein, Evangelische Pfarrerin, Marburg
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Bei uns in Marburg wird viel demonstriert. Und es sind nicht nur Studierende, die auf die Straße gehen. Menschen aller Altersgruppen wollen unsere Demokratie stark machen und verhindern, dass Deutschland immer weiter nach rechts rückt. „Nie wieder ist jetzt!“ heißt die Einsicht, die viele aufrüttelt.

Manchmal muss man annehmen, was man nicht ändern kann

Es ist wichtig, dass wir aufstehen und widerstehen. Aber es gibt auch Zeiten, da ist anderes angesagt. Da ist nicht mein Widerstand gefragt, sondern die Herausforderung besteht darin, dass ich annehme, was ich nicht ändern kann.

Dietrich Bonhoeffer hat sich schon früh gegen die Judenverfolgung gestellt

Ein Buchtitel stellt beides nebeneinander: „Widerstand und Ergebung“ von Dietrich Bonhoeffer. Er war Theologe und Widerstandskämpfer im Dritten Reich. Heute vor 80 Jahren, kurz vor Kriegsende, wurde er von den Nationalsozialisten ermordet. Bonhoeffer war klug und weltgewandt. Studienaufenthalte hatten ihn nach Rom und in die USA geführt. Bereits mit 25 Jahren war er Professor. Er hat als Studentenpfarrer gearbeitet und an der Berliner Universität gelehrt und dann das Predigerseminar der Bekennenden Kirche in Finkenwalde geleitet. Schon früh hat er mit Flugblättern und Aufsätzen öffentlich gegen die Judenverfolgung Stellung genommen.

"Was will Jesus heute von mir?"

„Was will Jesus heute von mir?“ Diese Frage hat ihn angetrieben und dazu geführt, dass er sich dem Widerstand gegen Hitler angeschlossen hat. Er erhielt Redeverbot, Schreibverbot und wurde schließlich im April 1943 verhaftet. Die Briefe, die er im Gefängnis an Familie und Freunde geschrieben hat und herausschmuggeln konnte, sind nach dem Krieg in dem Buch veröffentlicht worden.

Widerstand leisten gegen ein unmenschliches und gottloses Regime

„Widerstand und Ergebung“ - das waren die Pole, zwischen denen sich seine Gefühle, Erfahrungen und Gedanken bewegt haben. „Es reicht nicht“ schreibt er, „dass wir die Opfer unter dem Rad verbinden, wir müssen dem Rad selbst in die Speichen fallen“. Widerstand leisten gegen ein unmenschliches und gottloses Regime - das ist für ihn erste Christenpflicht.

Bonhoeffer hat sich seinen Gegnern nie ergeben

Aber Widerstand und Ergebung sind für ihn keine Alternativen, in dem Sinn: Entweder ich widerstehe oder ich ergebe mich. Für ihn ist es vielmehr eine Frage der Blickrichtung. Seinen Gegnern hat er sich nie ergeben. Ergebung bedeutet für ihn nicht, zu kapitulieren, sondern: Ich vertraue mich Gott an.

"Von guten Mächten treu und still umgeben, erwarten wir getrost, was kommen mag"

So kann er im letzten Brief an seine Familie zum Jahreswechsel 44/45 schreiben „Von guten Mächten treu und still umgeben, erwarten wir getrost, was kommen mag.“ In diesem Vertrauen ist er in den Tod gegangen.

Manches kann ich nicht ändern. Es hilft auch nicht, dagegen in Widerstand zu gehen. Ich muss es annehmen. Und mich Gott ergeben und darauf vertrauen, dass ich auch im Schweren getragen und geführt werde.

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