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Fasten als Herzensangelegenheit
Bild: Andrea Petra Fogas/Pixabay

Fasten als Herzensangelegenheit

Dr. Marco Bonacker
Ein Beitrag von Dr. Marco Bonacker, Katholischer Leiter der Abteilung Bildung und Kultur im Bischöflichen Generalvikariat Fulda
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Am Aschermittwoch begann die Fastenzeit. 40 Tage einer besonderen Zeit der Vorbereitung auf das Osterfest. Klassischerweise eine Zeit des Verzichts und der spirituellen Neubesinnung. Früher war die Fastenzeit ein zentraler Bestandteil des christlichen Lebens. Verzicht und klare Regeln waren für alle verpflichtend. Heute ist die Fastenzeit stark individualisiert. Wenn die Fastenzeit überhaupt noch eine Rolle spielt, dann wird sie sehr unterschiedlich ausgestaltet. Manche wollen von lieb gewonnenen oder lästigen Gewohnheiten Abschied nehmen, manche nutzen die Zeit zur Selbstoptimierung. Wieder andere sehen in der Fastenzeit eine persönliche Challenge: Wie willensstark bin ich?

Fasten = Verzicht?

Auch die Kirchen selbst nutzen die Fastenzeit zu unterschiedlichen Aufrufen, wie etwa dem Klimafasten oder dem Autofasten. In meinem Nahumfeld begegnen mir die unterschiedlichsten Vorhaben in der Fastenzeit. Ein Freund aus Indien verzichtet ganz klassisch auf Fleisch, ein anderer hat sich in der Fastenzeit von seinen Social-Media-Kanälen verabschiedet und eine Bekannte hat sich vorgenommen, ihren Handy-Konsum stark einzuschränken. Die meisten aber interessiert es überhaupt nicht.

Das neue Fasten

Dabei liegt Fasten insgesamt voll im Trend – aber eben nicht mehr aus religiösen Gründen. Vielmehr ist Fasten ein Gesundheits- und Wellnessthema geworden. Verzichten ist weitgehend entspiritualisiert. Sie ist heute insbesondere durch neue Formen wie das Intervallfasten eine zunächst rein körperliche Übung. Aber selbst da berichten Menschen, die tatsächlich keine spirituellen Ziele mit dem Fasten verbinden, dass sie plötzlich anders wahrnehmen, wühlen und denken. So ganz trennen kann man Körper und Geist eben nicht.

Nicht mit Leib, sondern mit Seele

Dass die Fastenzeit zumindest in westlichen Industrienationen auch bei treuen Kirchgängern durchaus unterschiedlich ausgestaltet wird, hat viele Ursachen. Neben der generellen Individualisierung der Gesellschaft spielt die Person und die Botschaft Jesu dafür eigentlich die zentrale Rolle. Ihm ging es nämlich nicht um das Einhalten äußerer Regeln, sondern um die innere Bewegung und Entwicklung. Deswegen warnt er vor den Heuchlern, die ihr Fasten allzu sehr vor sich hertragen: "Du aber, wenn du fastest, salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, damit die Leute nicht merken, dass du fastest" (Mt 6,17-18), ist daher sein Aufruf. Damit steht er ganz in der Tradition Israels. Der Prophet Joel etwa ruft seinem Volk zu: "Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider, und kehrt um zum HERRN, eurem Gott!" (Joel 2,13)

Gewinn statt Verzicht

Richtiges Fasten ist demnach eine Herzensangelegenheit und ein innerer, seelischer Vorgang. Leibliches Fasten kann aber daher helfen, uns auch geistig auf das Wesentliche zu fokussieren. Im Vordergrund aber sollte die Fastenzeit als Zeit der Neuausrichtung für Gebet und den Aufbau einer positiven Gottesbeziehung stehen. Statt mir also nur vorzunehmen, auf etwas zu verzichten, will ich mir in dieser Fastenzeit besonders Zeit für das Gebet und diese Beziehungsarbeit nehmen. Dann verliert die Fastenzeit auch eher den restriktiven Charakter, den sie für viele Menschen haben kann. So wird sie zu einer Zeit der Chancen und Neuaufbrüche!  

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