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Für wen halten die Menschen mich?
Bild: Dorothée QUENNESSON/Pixabay

Für wen halten die Menschen mich?

Dr. Marco Bonacker
Ein Beitrag von Dr. Marco Bonacker, Katholischer Leiter der Abteilung Bildung und Kultur im Bischöflichen Generalvikariat Fulda
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In diesen Tagen vor genau 1700 Jahren machten sich einige hundert Bischöfe auf den Weg nach Nizäa – einer Stadt unweit von Istanbul, dem früheren Konstantinopel. Kaiser Konstantin hatte zum Konzil eingeladen, um dort eine ganz entscheidende Frage miteinander zu klären. Es war die Frage, die Jesus selbst einmal gestellt hatte: „Für wen halten die Menschen mich?“ Diese Frage könnte zunächst überraschen. Sie wurde ja nicht im Jahr 33 gestellt, sondern 325 n. Chr.

Das Christentum etabliert sich

Es waren also schon einige Jahrhunderte vergangen, in denen sich das Christentum friedlich weit über das gesamte Mittelmeergebiet und in alle Teile des Römischen Reiches ausgebreitet hatte. Überall gab es christliche Gemeinden und auch eine kirchliche Ordnung. Seit dem Konstantin Kaiser des Römischen Reiches wurde, gewann nun auch das Christentum einen ungeahnten Einfluss. War es noch kurz vorher von einigen Kaisern heftig bekämpft worden, hatte sich nun das Blatt gewendet. Zwar gab es noch die antiken Kulte, das Christentum aber stieg bis Ende des vierten Jahrhunderts zur Staatsreligion auf. Von dieser erwartete man absolute Klarheit über ihr Gottesbild.

Die Dreieinigkeit Gottes

Im Fokus stand beim Konzil von Nizäa nicht nur eine Frage, sondern auch ein Theologe: Arius. Er verstand den Monotheismus absolut und konnte sich die göttliche Einheit nicht als eine Dreiheit vorstellen. Gott war für ihn der ganz Transzendente und Jesus Christus nur ein herausgehobener Teil der Schöpfung – aber eben nicht Gott selbst. Diese Lehre fand in vielen Teilen der damaligen Welt schnell Anklang, da sie alle komplexen Auseinandersetzungen um die Dreifaltigkeit Gottes löste.

Die Konzilsväter aber erlagen nicht der Versuchung, den einfachen Weg zu gehen: Sie hielten am alten Glauben fest, der ihnen durch die Offenbarung selbst aufgezeigt wurde. Gott zeigte sich in der Geschichte als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Das war keine theologische Idee, sondern war erwachsen aus der Erfahrung der Menschen mit Gott und stand im Einklang mit der Heiligen Schrift. Das Konzil von Nizäa machte also deutlich: Gott ist dreifaltig einer. Er ist dreipersonal und doch ein Wesen. Gott ist in sich Einheit und Vielfalt zugleich. Das christliche Bekenntnis, das Nizäa hier festhielt, war also keine neue Erfindung: Es war eine Selbstvergewisserung. Es bestätigte das, was schon immer geglaubt wurde, und verwarf das, was neu diesen Glauben in Frage stellte.

Auf Augenhöhe begegnen

Dieser Vorgang ist hochaktuell. Denn das Bild von Gott folgt nicht selten den Moden der Zeit. Die Frage Jesu: „Für wen halten die Menschen mich?“ wird und wurde durchaus unterschiedlich beantwortet. Die Antworten tendierten dabei gerne zwischen der Überbetonung der menschlichen oder göttlichen Natur Jesu. Die Kirche aber hatte und hat die Aufgabe, die Waage im Ausgleich zu halten: Jesus ist ganz Mensch und ganz Gott in einer Person. Ist er nur Mensch, kann er uns nicht retten. Wäre er nur Gott, kann er uns nicht auf Augenhöhe begegnen. Gerettet werden kann nur, was angenommen wurde.

Das Konzil von Nizäa beendete nicht alle Diskussionen über Jesus Christus. Doch es gab die Antwort, die heute genauso gilt und gültig ist wie vor 1700 Jahren: Als Christ folge ich keiner Theorie, keiner Idee und keiner theologischen Spekulation. Ich folge dem Gott, der sich in der Geschichte konkret erfahrbar gemacht hat in Vater, Sohn und Hl. Geist. Das verbindet alle christlichen Konfessionen und macht Nizäa zu einem wirklich ökumenischen Konzil.

 

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