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Danke für dieses besondere Leben
GettyImages/Max Topchij

Danke für dieses besondere Leben

Claudia Biester
Ein Beitrag von Claudia Biester, Evangelische Pfarrerin, Bad Homburg
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Zu meinen Aufgaben als Pfarrerin gehört es, mit Angehörigen zu sprechen, wenn ein Mensch gestorben ist. Ein Trauergespräch. Der Anlass ist traurig. Die Familie oder Freunde müssen Abschied nehmen. Trotzdem sind solche Gespräche auch schön und besonders. Es wird sogar manchmal gelacht. Denn es geht ja darum, dem Menschen gerecht zu werden, der gestorben ist. Die, die trauern, erinnern sich oft an Gutes und auch an Fröhliches.

Drei Generationen erinnern sich

Ich habe eine Familie gefragt, ob ich davon erzählen darf. Wir sitzen um den Wohnzimmertisch und denken über ein Leben nach. Was macht einen Menschen eigentlich besonders? Die Urgroßmutter war gestorben. Sie ist alt geworden. Drei Generationen nach ihr sitzen um den Tisch.

Sieben Löffel für die Enkelin-Prinzessin

Die Enkelin, eine junge Frau, erzählt von ihrer Oma: „Ich habe schon als Kindergartenkind immer gern bei ihr übernachtet. Ich weiß noch. Einmal habe ich sie gefragt: ‚Omi, weißt du eigentlich, dass Prinzessinnen zum Essen immer sieben Löffel haben?‘ Sie antwortete: ‚Nein, das wusste ich bis jetzt nicht.‘ - Am nächsten Morgen, als ich ausgeschlafen in die Küche kam, hatte sie Frühstück gemacht, und neben meinem Teller lagen sieben Löffel für mich. Ganz schöne. Meine Omi war wirklich eine besondere Frau.“

Die Liebe bleibt

Wir merken in unserer Runde: Ein wichtiger Teil, was dieses Menschenleben besonders gemacht hat, ist das Liebevolle, das Spielerische. Die innige Beziehung zwischen der Großmutter und ihrer Enkeln.

Lavendelduft weckt schöne Erinnerungen

Dann schauen wir uns ein Fotoalbum an. Es wird gelacht, nachgefragt, gezeigt. Es gibt eine Menge Bilder aus dem Familienurlaub in der Provence. Jedes Jahr fuhr die Familie dorthin, jahrzehntelang. Und ich höre von kleinen Lavendelsäckchen, die hinterher im Wäscheschrank lagen. Ihr Sohn sagt: „Immer wird Lavendelduft mich an ihre Wohnung erinnern.“ Auch das gehört zu dem, was dieses Menschenleben besonders macht. Der Duft und Aromen, Geräusche und Klänge.  

Was ein Menschenleben besonders macht

Aber es ist viel mehr. All das Erlebte, Durchlittene, Genossene und die vielen, vielen normalen Tage formen ein Leben. Die Frau, an die wir erinnern, ist alt geworden. Dreiundneunzig Jahre alt. Was macht ein Menschenleben besonders? Eine große Frage. Ein Menschenleben geht nicht auf in dem, was wir davon erinnern oder beschreiben können. Es ist mehr, als wir sehen. Und es ist doch zugleich auch das, was wir sehen.  

Jedes Leben ist unverwechselbar und kostbar

Ich glaube: In der Besonderheit des Lebens zeigt sich Gott. Gott, der Schöpfer, steckt im Besonderen; ermöglicht es geradezu. Es ist ja so: Kein Fingerabdruck gleicht einem anderen. Jeder einzelne Mensch lebt sein Leben selbst und bleibt unverwechselbar und kostbar. Und diese Frau liebte es, am Wochenende Gastgeberin für ihr Enkelkind zu sein und sie hatte kleine Beutel mit Lavendelblüten in ihrem Schrank. Kleine Details aus einem unfassbar besonderen Leben.

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