
Vom Bombenkrieg gezeichnet
„Vom Bombenkrieg gezeichnet“. Unter diesem Titel steht eine aktuelle Ausstellung im Dom- und Diözesanmuseum in Mainz. Sie erinnert an die Zerstörung von Mainz in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs, vor rund 80 Jahren.
An einem Nachmittag im Februar wurden bei einem Bombenangriff über 80 Prozent der Stadt verwüstet, über 1200 Menschen kamen ums Leben, vor allem in den sich anschließenden Bränden.
Was in der Ausstellung zu sehen ist
Die Ausstellung zeigt zerstörte Kunstwerke, die vor den Luftangriffen die Stadt zierten: Zerbrochene Madonnen, die früher an Häusern angebracht waren, Heiligenfiguren, die Portale von Kirchen schmückten, Wappensteine, die über Hauseingängen hingen; eine herabgefallene, zerbrochene Kirchenglocke ist unter den Exponaten, ebenso die verglühten Zeiger einer Turmuhr.
Diese Fragmente wurden vor 80 Jahren aus dem Schutt geborgen und werden bis heute im Depot des Dommuseums aufbewahrt. Die meisten Kunstwerke sind nicht restauriert, sie tragen sichtbar die Spuren der Zerstörung, viele sind schwarz verfärbt – eine Spur der Brände nach dem Bombenangriff.
Neben den Kunstwerken hängen alte Fotografien: Sie zeigen die Kunstwerke, wie sie früher waren, an den Orten, an denen sie früher ihren Platz in der Stadt hatten.
Die Madonnafigur
Besonders eindrucksvoll finde ich den Kopf einer Madonna. Nur dieser zierliche Kopf ist von der Figur erhalten. Die eine Hälfte des Gesichts ist beinahe unzerstört, die feinen Gesichtszüge der Rokoko-Figur sind erkennbar, auch, wie sorgfältig sie gearbeitet war.
Die andere Hälfte des Gesichts hingegen ist schwer entstellt, gezeichnet von der Zerstörung: auf der Stirn klafft ein Loch, am Auge ist der Stein abgerieben, aus der Wange ein Stück herausgebrochen. Die eine, intakte Seite des Gesichts der Madonna gibt mir als Betrachterin eine Ahnung davon, wie schön das Gesicht und die ganze Figur einmal gewesen sein müssen. Und gleichzeitig sehe ich an der anderen, schwer entstellten Seite des Gesichts die ganze Grausamkeit der Zerstörung.
Ein Kontrast, der in Erinnerung bleibt
Dieser Kopf der Madonna, die anderen Kunstwerke, die in der Ausstellung ungeschönt gezeigt werden, die Fotos, die an die untergegangene Schönheit erinnern – gerade dieser Kontrast vermittelt: Wie immens waren die Verluste vor 80 Jahren, wie brutal hat der Krieg die Stadt Mainz und ihre Menschen getroffen, wie brutal vernichtet der Krieg Leben und Lebensgrundlagen!
Nie wieder Krieg!
Und nicht nur in Mainz und nicht nur vor 80 Jahren. Die Kriege haben nach 1945 nicht aufgehört, bis heute sind Krieg und Zerstörung traurige Realität für viele Menschen, sogar ganz in unserer Nähe, in Europa. Nie wieder Krieg! Dazu mahnen die Exponate der Ausstellung in ihrer zerstörten Schönheit.
Und ich hoffe und bete, dass „Nie wieder Krieg!“ irgendwann nicht mehr nur ein Wunsch ist, sondern die Wirklichkeit.