
Tränenfotograf
Der niederländische Fotograf Maurice Mikkers fotografiert Tränen. Er fängt Tränen mit einer Pipette auf, lässt sie unter seinem Mikroskop kristallisieren, vergrößert sie 40-fach und macht Fotos davon. Aus den Detailaufnahmen der Tränen wird dann ein Kunstwerk.
Ein Kunstwerk unter dem Mikroskop
Auf die Idee kam Mikkers, als er sich in seinem Atelier heftig gestoßen hat und vor Schmerz weinen musste. Seine eigenen Tränen hat er unter dem Mikroskop näher angeschaut. Früher hat er mal in einem medizinischen Labor gearbeitet. Ihn interessieren Beobachtungen unter einem Mikroskop.
Jede Träne ist einzigartig
Wie sehen Tränen aus? Welche Struktur haben sie? Je mehr Tränen Mikkers sammelt, desto mehr stellt er fest: Tränen sind total unterschiedlich: Manchmal gleichen sie einem Zellkern, manchmal einem Kristall oder eine Schneeflocke. Sie bestehen aus Salz, Wasser, Hormonen, Proteinen. Und doch ist jede Träne einzigartig.
Eine Träne, die beim Zwiebelschneiden entsteht, ist anders als eine Träne, die durch Gegenwind verursacht wird. Und noch anders ist eine Träne, die geweint wird, weil jemand Kummer hat und traurig ist. Mikkers sagt: „Mich reizen vor allem die Tränen, die durch Emotionen entstehen. Hinter denen steckt eine Geschichte. Wenn man weint und ich diese Träne sichtbar mache, kann man die Geschichte mit anderen teilen.“[1]
Tränen und ihre Geschichten
2015 hat Mikkers mit dem „Imaginarium of Tears“ angefangen, einer Internet-Plattform für Menschen, die dort ihre Tränen zeigen und die Geschichten dahinter teilen[2]. Mikkers sagt: „Alle Tränen sind willkommen und einzigartig.“ Jedes Tränenfoto macht sichtbar, wie wir Menschen fühlen. Mikkers nennt das „eine physische Repräsentation der Emotionen.“
Ich bin fasziniert von Mikkers Fotografien, davon, wie unterschiedlich und wunderschön die Strukturen sind. Die Tränen, die Menschen weinen, erfahren durch ihn eine besondere Wertschätzung. Zu Recht, denke ich.
Tränen des Lebens
Ich habe auch schon oft geweint in meinem Leben. Als Kind, wenn ich wütend war, weil etwas nicht geklappt hat. Als Jugendliche, als mein Onkel ganz plötzlich gestorben ist. Und später dann hilflose verzweifelte Tränen, als ich Liebeskummer hatte und mein Freund mir gesagt hat: „Es ist aus und vorbei.“
Keine Träne ist umsonst geweint
Was geschieht mit meinen Tränen, wenn ich sie geweint habe? Mir tut die Vorstellung gut: Jede Träne wird gewürdigt und ist nicht umsonst geweint. In der Bibel steht: „Gott sammelt unsere Tränen in einen Krug und zählt sie.“[3] Ich stelle mir vor: Ähnlich liebevoll wie der Fotograf Mikkers mit Tränen umgeht, geht Gott mit meinen Tränen um. Er weiß, wann und warum ich sie geweint habe. Er fängt sie auf und sammelt sie. Bei Gott weiß ich meine Tränen gut aufgehoben. Er kennt meine sensiblen Seiten. Und vielleicht lässt er sogar aus den Tränen neue Kraft wachsen. Aus meinen Tränen und aus den Tränen der ganzen Welt.
[1]https://www.dw.com/de/der-tr%C3%A4nenfotograf/video-40988787
[2]https://www.zingst.de/imaginarium-of-tears
[3] Psalm 56, 9b: Sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie.