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Wie Öl für die Fahrradkette
Bild: Arek Socha/Pixabay

Wie Öl für die Fahrradkette

Steffen Flicker
Ein Beitrag von Steffen Flicker, Schulleiter der katholischen Schule Marianum Fulda und Vorsitzender des Katholikenrates im Bistum Fulda
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Welcher Fahrradfahrer kennt das nicht? Man will morgens mit dem Rad losfahren, tritt in die Pedale und plötzlich hört man merkwürdige Geräusche: Ein sorgenvolles Knacken und ein beunruhigendes Rattern. Also wieder zurück in die Garage und erst einmal mit dem Ölkännchen Öl auf die Fahrradkette geben, damit es wieder etwas geschmeidiger wird.

Manchmal können so ein paar Tröpfchen Öl wahre Wunder bewirken. Die in die Jahre gekommene Fahrradkette bewegt sich wieder einwandfrei. Es ist so, als hätte man ihr neues Leben eingehaucht.

Auch Beziehungen brauchen immer mal wieder einen Tropfen Öl

In meinem Leben ist es nicht selten auch so. Bisweilen rosten Beziehungen zu Menschen ein. Man sieht sich nicht mehr so oft, trifft sich kaum noch. Da kann ein kurzer Anruf wieder Bewegung auslösen. Ich mache einen Termin aus, an dem wir gemeinsam wieder etwas unternehmen.

Auch bei manchen Diskussionen ist es so. Wenn man sich in einem Gespräch förmlich „verkeilt“ hat, weil alle bei ihrer Position bleiben und niemand nachgeben will. Da kann eine Kleinigkeit helfen, den Disput zu entkrampfen und voranzubringen. Ein kurzer Witz und ein passender Spruch, der zur Entspannung führt, können da schon viel bewirken.

Vielleicht kann man es mit dem Öl vergleichen, das ich ab und zu auf meine Fahrradkette gieße, damit die Kette geschmeidig bleibt. So mache ich mir das Radfahren etwas leichter.

So kann ich das auch auf mein Leben übertragen. Denn unentwegt in eine rostig gewordene Fahrradkette zu treten und sich immer wieder zu ärgern, dass es kracht und ächzt, das kann auf Dauer frustrierend sein.

Mir hilft mitunter auch eine kurze Stille, in der ich zu Gott ein Gebet spreche. Ich gehe in die Besinnung, atme tief durch und wende mich Gott zu. Ich öffne mich ihm, vertraue ihm mein Anliegen an und bitte ihn um Bestärkung in meiner Situation.

Das Gebet als Tropfen Öl, der alles wieder zum Laufen bringt

Das ist wie ein Tropfen Öl für meine Fahrradkette. Das Gebet gibt mir Kraft und Orientierung und lässt mich ruhig werden. Wie das Drücken einer Pausentaste auf einem Video. „Stopp!“ – Ich brauche noch einen Moment. Ich verharre, denke nach und reflektiere die Situation, in der ich mich gerade befinde.

Menschen können nicht am laufenden Band immer gleich funktionieren. Manchmal treffen wir Entscheidungen leicht, manchmal fällt es uns extrem schwer. In solchen Momenten benötige ich Zeit.

Regelmäßig „nachtanken“ macht das Leben leichter

Meine Seele muss gewissermaßen „mitkommen“. Sie zu vergessen kann gravierende Folgen haben. Es kann zu Verletzungen oder zur Erschöpfung kommen. Die Seele kann krank werden.

Ich wünsche uns heute, am Beginn dieses Tages, dass wir uns immer wieder auch und gerade in der Hektik des Alltags einen kurzen Moment der Stille und Besinnung nehmen und wie bei der Fahrradkette einen Tropfen Öl „nachtanken“, der dem Leben neuen Schwung gibt.

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