
Ein Fest für alle Völker
Es schockt mich als Kirchenfrau immer wieder, dass Donald Trump und seine Anhänger sich ausgerechnet auf die Bibel beziehen. Viele Evangelikale gibt es ja unter seinen Fans, und etliche Katholiken leider auch. Sie sagen „America first“ und „Make America great again“ und fühlen sich dabei ernsthaft von der Bibel getragen.
Wir sind alle in gleicher Weise und Würde geschaffen
Dabei richtet sich die Bibel von ihren ersten Seiten an gegen den Gedanken, dass eine Nation über anderen steht. Alle Menschen aller Nationen sind von Gott geschaffen, damit fängt es schon mal an. Im Buch Genesis, dem ersten Buch Mose, steht: Wir sind alle in gleicher Weise und Würde als Gottes Abbilder geschaffen.
Das "auserwählte Volk"
Ja, auch in der Bibel gibt es die Rede vom „auserwählten Volk“, das ist das Volk Israel, und Christinnen und Christen nennen sich manchmal Volk Gottes oder Kirchenvolk. Aber das heißt ganz und gar nicht: Wir sind etwas Besonderes, deswegen steht uns besonders viel zu, deswegen müssen wir an uns zuerst denken. Ganz im Gegenteil: Auserwählte Völker und Menschen in der Bibel müssen ganz besonders an die anderen denken, ihnen dienen, für sie da sein.
Berufen sein = Verantwortung für andere
Berufen und auserwählt sein, das heißt in der Bibel: Ich habe einen Auftrag und eine Verantwortung für andere. Deswegen sind die Propheten in der Bibel oft auch gar nicht so begeistert von ihrer Auserwählung. Sie wissen: Sie haben selbst nicht viel davon und müssen eher zurückstecken.
Trump müsste sich für die ganze Welt einsetzen
Wenn sich Trump und die USA wirklich im Sinne der Bibel berufen fühlen würden, dann müssten sie sich für die Welt als ganze einsetzen und von sich selbst absehen. Sie müssten sich für Gerechtigkeit engagieren, die Milliardäre müssten ihre Milliarden einsetzen gegen den Hunger auf dieser Erde und natürlich auch gegen die Klimakatastrophe und für Gottes gesamte gute Schöpfung. In der Bibel ist vollkommen klar: Wen Gott erwählt, der muss sich einsetzen für ein gutes Leben aller Menschen, aller Lebewesen auf dieser Erde.
Ein Fest für alle Völker
Wie dieses gute Leben für alle aussehen könnte, das beschreibt die Bibel in Bildern. An eine dieser biblischen Visionen muss ich jetzt auch öfter denken. Es ist die Vision vom Fest für alle Völker. Es ist eben nicht ein Fest für ein Volk, für das auserwählte Volk.
Sondern: für alle Völker. Beim Propheten Jesaja steht da: Gott wird einst „für alle Völker ein Festmahl geben mit den feinsten Speisen, ein Gelage mit erlesenen Weinen“ (Jesaja 25,6). Genug zu essen, Leben in Hülle und Fülle für alle auf dieser Erde: Das ist es, was Gott will.
Nationalismus und Egoismus
Nicht Reichtum für ein paar wenige oder für eine bestimmte Nation. America first! Oder auch: Deutschland zuerst! Das hat nichts, rein gar nichts mit Bibel und christlicher Kultur zu tun. Es ist Nationalismus und Egoismus. Ich hoffe und bete, dass es genug Menschen gibt, die sich in diesen Zeiten in den USA und auch bei uns einsetzen für dieses Fest für alle Völker, für das gute Leben für alle. Das sind die wahren Berufenen und Auserwählten.