
Wie wäre es, wenn wir nicht mehr älter werden?
Ich merke jeden Tag, dass ich älter werde. Ich sehe es am Haaransatz, der silbern schimmert. Ich spüre es in meinen Gelenken, die empfindlicher werden und manchmal schmerzen. Ich werde älter. Wie jeder andere Mensch auch. Wie alles Leben. Wir verändern uns. Und am Ende weiß ich, sterbe ich.
Der Alterungsprozess ist nicht zu stoppen
Es gibt Forschungszweige, die diesen Prozess erforschen und herausfinden wollen, wie der Alterungsprozess gestoppt werden kann. Auch ich selber versuche, das Alter aufzuhalten: Ich färbe mir einmal im Monat die Haare. Meine Haut creme ich jeden Tag ein. Ich versuche, so gut es geht, in Bewegung zu bleiben. Ist auch gut, auch wenn ich weiß, dass ich damit das Altern nicht stoppen kann.
Warum müssen wir uns mit dem Älterwerden und Loslassen auseinandersetzen?
Warum besteht das Leben aus Werden und Vergehen? Das frage ich mich manchmal. Warum müssen wir uns mit dem Älterwerden und Loslassen auseinander setzen? Ich lese gerade ein Buch. Da spielt die Autorin Maja Lunde mit dem Gedanken: was wäre, wenn die Zeit stehen bleiben würde. Der Mensch altert nicht mehr. Was zuerst wünschenswert erscheint, entpuppt sich als gar nicht erstrebenswert.
Wäre das Leben ohne den Tod so reizvoll?
Die Autorin beschreibt, was es bedeutet, wenn die Zeit stehen bleibt. Was Stillstand heißt. Alles bleibt, wie es ist. Zum Beispiel steht eine Hebamme im Kreißsaal und merkt, dass keine Kinder geboren werden. Die Zeit steht still, also gibt es keine Geburten und auch kein Sterben mehr. Die Sportler, die von hohen Klippen springen, haben keinen Adrenalinkick mehr, der sie spüren lässt, wie lebendig sie sind. Es gibt das Risiko des Sterbens nicht mehr. An vielen Beispielen wird deutlich, wie das Leben an Wert verliert, wenn nichts mehr zählt, weil alles gleich egal ist.
Der Wunsch, die Zeit anhalten zu wollen
Trotzdem wünsche ich manchmal, das Leben würde stehen bleiben, wenn es gerade gut ist. Aber wenn ich ernsthaft darüber nachdenke, merke ich: Das Leben mit Werden und Vergehen ist richtig so. Ich sehe meine Kinder. Bei allem Schmerz des Loslassens freue ich mich, wie sie sich entwickeln. Was aus ihnen geworden ist und noch wird.
Ich sehe, wie auch ich mich immer wieder verändere. Die Falten erzählen davon. Sie stehen für das Leben, das schon hinter mir liegt. Also gehe ich los. In die Zeit, die vergeht. Und die jeden Tag einzigartig und besonders macht.