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Raus aus der Einsamkeit
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Raus aus der Einsamkeit

Andreas Wörsdörfer
Ein Beitrag von Andreas Wörsdörfer, Pastoralreferent, Katholische Pfarrei Dom St. Bartholomäus, Frankfurt am Main
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Anmoderation: Fast die Hälfte der 16- bis 30-Jährigen in Deutschland fühlt sich einsam. Wie schlimm Einsamkeit für den oder die einzelne ist, kann man nur erahnen. Aber auch für die Gesellschaft hat sie Konsequenzen. Das hat eine Befragung gezeigt, die die Bertelsmann-Stiftung diese Woche veröffentlicht hat. Autor Andreas Wörsdörfer von der katholischen Kirche macht sich darüber im hr1 Zuspruch Gedanken.

Einfach zur Ruhe kommen

Manchmal brauche ich das: Einfach mal die Tür hinter mir zumachen, das Telefon auf lautlos stellen und Ruhe haben. Gerne auch mal einen ganzen Tag lang am Wochenende. Abschalten, damit meine Seele wieder nachkommen kann.

Aus alleine sein wird einsam sein

Mal alleine sein. Gut ist, wenn ich das selbst steuern kann. Wenn das nicht so ist, dann wird aus „alleine sein“ Einsamkeit. Das Gefühl: Ich find keine Andockpunkte. Niemand ist für mich da, ich werde nicht gebraucht. Eine große Sehnsucht nach Begegnung macht sich breit. Das macht traurig. Dazu kommt, dass Einsamkeit immer noch ein großes Tabuthema in unserer Gesellschaft ist. Kaum jemand gibt gerne zu, einsam zu sein. Dabei kann es jede und jeden treffen.

Alt und jung sind betroffen

Dass aber immer mehr auch junge Menschen betroffen sind, macht mich nachdenklich. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung fühlt sich fast die Hälfte der 16- bis 30jährigen „stark einsam“ oder „moderat einsam“.

Einsamkeit ist, über das persönliche Schicksal hinaus, aber auch ein soziales Problem. Und sie ist zunehmend auch eine Gefahr für die Demokratie. Junge Leute, die sich einsam fühlen, ziehen sich immer weiter zurück. Sie fühlen sich nicht gesehen und verstanden. Darum sehen viele auch keinen Sinn mehr darin, sich für die Gesellschaft einzusetzen. Und sie verlieren das Vertrauen in die Politik.

Der Einsamkeit begegnen

Es gibt Ansätze, der Einsamkeit gesellschaftlich zu begegnen. In Aarhus in Dänemark geht sogar eine ganze Stadt systematisch das Thema Einsamkeit an. Auch in der Kirche erlebe ich das: Da gibt es zum Beispiel Mittagstische für Seniorinnen und Senioren oder Jugendkirchen und offene Angebote für junge Leute oder auch das Trauercafé in St. Michael in Frankfurt.

Die Menschen nicht aus den Augen verlieren

Einsamkeit ist vor allem für die Betroffenen schlimm. Wichtig ist, dass die Studie den Blick darauf lenkt und immer mehr über dieses Thema gesprochen wird. Ich bin froh, wenn ich nach einem Tag alleine auch wieder in die Gemeinschaft und Gesellschaft zurückkomme – wenn ich mit anderen etwas schaffen kann, wenn ich merke: Ich werde gebraucht. Ich glaube: Das tut jedem gut, ob alt oder jung.

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