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Witz und Weisheit: der „Datterich“
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Witz und Weisheit: der „Datterich“

Christoph Schäfer
Ein Beitrag von Christoph Schäfer, Katholischer Religionslehrer, Rüsselsheim
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Den „Datterich“ kennt außerhalb Darmstadts kaum einer. Ich hab rumgefragt – und find das schade. Denn die Komödie von Ernst Niebergall ist zwar fast 200 Jahre alt. Und spielt fast nur in Darmstadt. Aber ich merk: Viele Pointen in den Mundart-Wortgefechten zünden immer noch. Und ich find: Die Figuren geben viele Weisheiten von sich, die nicht nur rund um das Stadt-Wahrzeichen „langer Ludwig“ gelten. Etwa diesen Spruch, hier auf Hochdeutsch: „Bezahlen, wenn man Geld hat, das ist keine Kunst. Aber bezahlen, wenn man keines hat: das ist ´ne Kunst!“ 

Sie lässt das nicht zu

Vor kurzem hab ich das Buch wieder in der Hand gehabt. Ich bin kein „echter“ Darmstädter. Und musste mich erst in den Dialekt reinfinden. Dann war ich aber wieder mittendrin: Im turbulenten Geschehen rund um die Hauptfigur. Der „Datterich“ ist ein Schlawiner. Ein fester Job ist nicht so seins. Daher versucht er sich mit Tricks über Wasser zu halten. Und seinen Weinkonsum zu finanzieren. In der heilen Biedermeierwelt findet er schnell ein Opfer: den jungen Handwerker Schmitt. Ihn kann er „melken“ und mit ihm um die Häuser ziehen. Aber da hat der Datterich die Rechnung ohne die clevere Marie gemacht: Sie lässt nicht zu, dass ihr künftiger Gatte Schmitt auf Abwege gerät. 

„Die, wo der doht geschosse hot, läwe all noch“

Marie gibt auch die Weisheit von sich, die sich mir festgehakt hat:  Datterich droht Schmitt mit einem Duell, weil dieser nicht mehr so handzahm ist. Und spielt sich als Revolverheld auf. Da beruhigt Marie ihren ängstlichen Liebsten. Und sagt lässig über den Datterich: „Die, wo der doht geschosse hot, läwe all noch“.  

Das klingt auf Hochdeutsch nicht halb so schön, ist aber ebenso alltagstauglich: „Alle, die der angeblich totgeschossen hat, sind quicklebendig“. Ich find: Besser kann man nicht auf den Punkt bringen, dass da jemand die Backen aufbläst. Und das zu Unrecht. 

Das macht die Seele leichter

Ich denk öfter mal an Maries Weisheit. Denn ich find: Die Einstellung hilft nicht nur bei schwierigen Personen, sondern auch bei einschüchternden Problemen. Etwa: Ich muss noch die knifflige Präsentation vorbereiten. Oder: Da ist der Ärger mit dem Steuerformular. Dann hilft die Datterich-Weisheit weiter. Dinge und Menschen, die einschüchtern: So schlimm sind viele vermutlich gar nicht. Das macht die Seele leichter. Und sorgt für gute Laune.

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