Liebeserklärung
„Ich liebe meinen Friseur.“ Irgendwie hat er einen besonderen Blick in mein Innerstes. Mein Friseur hat ein Gespür dafür, wie es gerade in mir aussieht, auch wenn ich es noch nicht in Worte fassen kann.
Bei dem einen Besuch sagt er: „Du siehst heute so strahlend aus. Möchtest du, dass auch Deine Haare leuchten?“ Beim nächsten Mal stellt er fest: „Heute siehst du irgendwie gestresst aus. Brauchst du ein Leuchten in Deinen Haaren oder heute lieber nicht?“
Mein Friseur weiß, was ich brauche
Er sieht, was ich jetzt brauche und ob ich gerade die Kraft habe, mit leuchtenden Haaren einen Raum zu betreten, oder eben nicht. Und wenn er mich berät, dann empfiehlt er mir das, was heute zu meiner Stimmung passt.
Manchmal lasse ich ihm freie Hand. Dann nimmt er auf, was er in mir sieht. Und findet die passende Leuchtstärke für meine Haare und für mich. Das finde ich immer wieder faszinierend – und enttäuscht hat er mich noch nie!
Ich bin für seine Gabe wirklich dankbar. So muss ich nicht immer über die Intensität meiner Haarfarbe entscheiden. Aber was noch viel wichtiger ist: Ich werde so gesehen, wie ich bin. Verstellen scheint zwecklos, und das ist auch gut so. Besuch beim Friseur – eine echte Wohlfühlzeit!
Eine Art von Nächstenliebe
Und es gibt sie auch an anderen Orten: Die Menschen mit dem besonderen Blick und der Gabe anderen etwas Gutes zu tun. Ich sage dazu Nächstenliebe. Da wird das Gegenüber mit guten Taten, lieben Worten und Gesten umhüllt. Aber: Diese Art von Nächstenliebe hat nicht den Anspruch, die andere zu verändern oder zu etwas zu drängen, das sie nicht ist, nicht will oder kann. Nächstenliebe heißt für mich deshalb auch, den anderen einfach sein zu lassen und zu erkennen, was da gerade gebraucht wird – leuchtende Haare, eine Umarmung oder einfach ein Lächeln. Solche Menschen liebe ich genau wie meinem Friseur!
