
Eine Bombe zum Kriegsende
Zum 80. Mal wurde diese Woche an das Ende des 2. Weltkriegs erinnert. Dazu gab es im Bundestag eine Festveranstaltung und in Berlin war der Donnerstag sogar ein Feiertag, zumindest einmalig. Pfarrer Matthias Viertel erzählt im hr1 Zuspruch, wie er diesen Tag in Kassel erlebt hat.
Ich bin kein Freund von Gedenktagen, die abgefeiert werden, nur weil sie im Kalender stehen. Bei der Erinnerung vorgestern an achtzig Jahre Ende des Kriegs war das anders. Auch, weil bei mir in Kassel direkt in der Nachbarschaft fast 3000 Menschen ihre Wohnungen vorübergehend verlassen mussten. Der Verkehr brach teilweise zusammen. Sogar die Bahn fuhr nicht mehr.
8. Mai 2025 - Bombenentschärfung am Gedenktag
Grund war eine Bombe aus dem 2. Weltkrieg, die entschärft werden musste. So etwas passiert häufiger und nicht nur in Kassel. Aber diesmal war es anders. Denn genau an diesem Tag vor 80 Jahren war der 2. Weltkrieg zu Ende. Schluss mit Krieg, Diktatur und Terror. Keine Bomben auf Menschen und Städte mehr, keine Verfolgung von Minderheiten. Grund zum Feiern und zur Erinnerung.
Auch nach 80 Jahren gibt es noch was Aufzuräumen
Durch den Bombenfund in Kassel merke ich: Auch nach 80 Jahren hat der Krieg Folgen, die direkt zu spüren sind. So einfach vergessen, übergehen, nicht beachten geht nicht. Es wäre ja so bequem, wenn wir schreckliche Ereignisse einfach wegpacken könnten, als wäre nichts geschehen. Aber dann taucht plötzlich eine Bombe auf und bringt alles durcheinander.
Sprengsätze in den Köpfen sollen auch entschärft werden
Solche Sprengsätze liegen nicht nur im Boden versteckt. Nicht weniger schlimm sind die „Bomben“ in den Köpfen, auch dort haben sich schreckliche Ereignisse in die Erinnerung eingegraben und tauchen unverhofft wieder auf. Es muss aufgeräumt werden, im Erdreich und ebenso in den Gedanken. Das Wort Erinnern weist darauf hin, dass es um das Innere geht. Also um Gedanken, Gefühle und auch um Ängste, die mich in meinem Leben leiten. Der Bundespräsident hat in seiner Festrede betont: „Wer sich der Vergangenheit stellt, verzichtet nicht auf Zukunft“, und hat auf die Kraft der Erinnerung hingewiesen. Das Erinnern hilft tatsächlich: Es hilft beim Aufräumen, deshalb kann es heilen und Halt geben.