In Würde altern
Geprochen von Pfarrerin Claudia Rudolff
Wenn ein 80-Jähriger das Matterhorn besteigt und am Ende aber mit dem Rettungshubschrauber vom Berg geholt werden muss, ist das für manche ganz daneben. Soll er doch wie andere 80-Jährige unten bleiben und seine Kräfte gefälligst besser einschätzen.
Auch Jüngere haben sich schon überschätzt
Andere sagen: Warum soll er nicht? Er hat es gewagt, immerhin den Aufstieg geschafft. Schon Jüngere haben sich überschätzt, warum nicht auch ein alter Mann. Für die einen hat der Bergsteiger sich vollkommen unangemessen verhalten, geradezu peinlich, unter seiner Würde. Für andere heißt in Würde alt werden aber auch Dinge zu tun, die einem wichtig sind. Es zumindest zu probieren aufs Matterhorn zu klettern, egal, was die Leute denken und egal, wie unelegant eine Hubschrauberrettung auch aussieht. In Würde altern. Wer wollte das nicht?
Das Bild vom Alter ist negativ behaftet
Am besten gar nicht altern, weil alt werden ja nur die anderen. Irgendwann merkt man dann selbst, dass die 30 deutlich überschritten sind. Also erst mal älter werden, alt kommt später. Viele denken, Fitness sei die erste Bürgerpflicht für ältere Menschen. Zur Würde im Alter gehöre gesunde Ernährung, viel Bewegung. Und natürlich jugendliche, coole Klamotten. Die Haut straffen lassen und die Haare färben. Also gegen das Alter ankämpfen. Etwas für ein jüngeres Erscheinungsbild tun.
Es braucht den Respekt der anderen
Die Bilder vom würdigen Alter in unseren Köpfen sind sehr widersprüchlich und verwirrend. Alt bedeutet unattraktiv und unbeweglich, hilfsbedürftig und zerbrechlich, inkompetent und nicht mehr lernfähig. Viele sehen in alten Menschen nur Verfall und Verlust, Vergänglichkeit und den Tod. Dabei haben Menschen, die älter werden, eine Würde genauso wie alle anderen. Die Würde muss ein älterer Mensch nicht erst herstellen.
In Würde alt zu werden sieht so verschieden aus, wie wir Menschen nun einmal sind. Und um in Würde alt zu werden, braucht es vor allem Respekt der anderen. Und sei es beim Herausklettern aus dem Rettungshubschrauber.
