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Ein Ohr ist ein halbes Herz
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Ein Ohr ist ein halbes Herz

Jens Haupt
Ein Beitrag von Jens Haupt, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Geprochen von Pfarrerin Claudia Rudolff 

Die Weihnachtskarte steht immer noch auf meinem Schreibtisch. Ganz unten in der Ecke gibt es eine kleine Zeichnung. Ein Strich, ein geschwungener Bogen, wie ein Ohr, nur unten mit einer Spitze. Daneben geschrieben: Ein Ohr ist auch ein halbes Herz. Von meinem Freund Eckhard stammt die Karte. Er ist bekannt für solche hintergründigen Kunstwerke. Ein Ohr ist ein halbes Herz. Es stimmt, wenn ich ein Herz in der Mitte durchschneide, habe ich zwei Ohren. Nette Idee. Aber irgendwie komisch: Halbherzig? Na gut, hören kann halbherzig sein.

Herz und Hören in der Bibel

Herz und hören. Das gab es schon einmal in der Bibel. Der frisch gekrönte König Salomo ist noch sehr jung und weiß noch nicht, wie er sich als König verhalten soll. Die Fußstapfen seines Vaters David sind groß. Er wünscht sich von Gott ein hörendes Herz (1. Könige 3,9).

Ich hätte ja ganz andere Wünsche erwartet, wenn ein Mann politische Verantwortung übernimmt. Vielleicht Macht oder Reichtum, Ruhm, langes Leben, ein starkes Militär, Landgewinne oder auch nur eine gute Presse. Der junge Salomo allerdings wünscht sich schlicht ein hörendes Herz. So unerfahren wie er ist, weiß er offenbar, dass nicht alles aus ihm selbst kommt. Er wird Rat brauchen. Er ahnt seine Grenzen. 

Ein hörendes Herz

Und es wird ihm auch Unangenehmes zu Ohren kommen. Er wird Beschwerden, Wut und Enttäuschung hören. Man wird ihm schmeicheln, ihn belügen und beleidigen. Auch dafür wünscht er sich von Gott das hörende Herz. Er braucht es, um damit klug und gerecht zu regieren. Er braucht das hörende Herz, um das Gute vom Bösen unterscheiden zu können. Zuhören und sich im Herzen bewegen lassen von dem, was die beiden Ohren hören. Und so schenkt Gott dem jungen König ein weises und verständiges Herz. Ein Ohr ist ein halbes Herz. Und zwei Ohren sind ein ganzes. Nicht nur auf der Karte auf meinem Schreibtisch. Ein hörendes Herz. Wer Verantwortung für andere übernehmen will, kann sich nichts Besseres wünschen. Und das gilt nicht nur für junge Könige.

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